Bundestag beschließt Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes - Konzeption der Bundesregierung im wesentlichen bestätigt

05.06.1997
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: 20/97
Thema: Naturschutz
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Leitung: Angela Merkel
Amtszeit: 17.11.1994 - 27.10.1998
13. Wahlperiode: 17.11.1994 - 27.10.1998
Merkel: Neues Naturschutzgesetz wird den Naturschutz stärken

Merkel: Neues Naturschutzgesetz wird den Naturschutz stärken

Der Deutsche Bundestag hat in seiner heutigen Sitzung in 2. und 3. Lesung die von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzesvorlage zur Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes nach Maßgabe einer Reihe von Änderungsanträgen beschlossen.

Mit dem Gesetzentwurf wird das Bundesnaturschutzgesetz an die heutigen und künftigen Anforderungen des Naturschutzes sowie an bindende EG-rechtliche Vorgaben angepaßt. Insbesondere werden die Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie), die Anforderungen des Binnenmarktes und die zum 01.06.1997 in Kraft getretende neue EU-Verordnung über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels, in der Novelle umgesetzt. Neben Verbesserungen zum Schutz der Lebensräume von Tieren und Pflanzen enthält die Gesetzesnovelle u.a. auch Vorschriften, die den gesamtgesellschaftlichen Charakter des Naturschutzes betonen sowie die Neuordnung des Verhältnisses von Naturschutz zu Land- und Forstwirtschaft bezwecken.

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Mit dem novellierten Bundesnaturschutzgesetz sollen der Naturschutz gestärkt und neue Wege beschritten werden. Hierbei kann es weder darum gehen, den Menschen aus der Natur auszusperren, noch die Bemühungen lediglich auf einen konservierenden Naturschutz zu beschränken. Naturschutz muß vielmehr als eine Querschnittsaufgabe verstanden werden, die zum Ziel hat, den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und ihre Nutzung durch die vielfältigen Formen menschlicher Aktivitäten in Gleichklang zu bringen. Angesichts der notwendigen tiefgreifenden Änderungen in beinahe allen Bereichen unseres Sozial-, Wirtschafts- und Gesellschaftssystems ist das keine leichte Aufgabe. Sie kann nur gelingen, wenn alle gesellschaftlichen Kräfte daran mitwirken. Diesen neuen Ansatz, den die Bundesregierung mit ihrer Naturschutzpolitik verfolgt, sehe ich durch den heutigen Gesetzesbeschluß des Deutschen Bundestages bestätigt."

Der Deutsche Bundestag hat auch einer Reihe von Änderungsanträgen der Regierungskoalition zugestimmt. Damit werden Forderungen und Anregungen des Bundesrates und der Länder in einigen wichtigen Punkten aufgegriffen:

  • Die im Regierungsentwurf urspünglich vorgesehene unterschiedliche Behandlung von Verwaltungsverfahren, die auf Bundes- oder Landesrecht beruhen (das sogenannte "Verfahrens-splitting"), wird aufgehoben.
  • An der Hervorhebung des Vertragsnaturschutzes wird festgehalten. Es soll aber sichergestellt bleiben, daß notwendige hoheitliche Maßnahmen dadurch nicht blockiert werden.
  • Ziel der "guten fachlichen Praxis" bei der landwirtschaftlichen Bodennutzung muß auch die nachhaltige Sicherung der Bodenfruchtbarkeit und der Leistungsfähigkeit des Bodens als natürlicher Ressource sein. Darum soll im Bundesnaturschutzgesetz die naturschutzkonforme gute fachliche Praxis zusätzlich durch einen Hinweis auf die entsprechenden Anforderungen des (im Entwurf vorliegenden) Bundes-Bodenschutzgesetzes konkretisiert werden.
  • Die finanzielle Ausgleichspflicht zugunsten der Land- und Forstwirtschaft bei Nutzungsbeschränkungen wird durch eine Stichtagsregelung eingeschränkt. Nur die nach einem Stichtag im Jahre 1990 angeordneten Nutzungsbeschränkungen können ggf. bei fortdauernden wirtschaftlichen Nachteilen ausgeglichen werden. Dies führt zu einer beträchtlichen Senkung des Verwaltungsaufwandes und der Kosten und trägt darüber hinaus zu größerer Rechtssicherheit bei.
  • Auf dem Gebiet des Artenschutzes soll die Ermächtigung des Bundesumweltministeriums zur Unterschutzstellung gefährdeter Arten erweitert werden. Dadurch werden umfangreiche eigene Schutzkataloge der Länder überflüssig, die auch die Rechtseinheit im Artenschutz weitgehend auflösen würden.

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Die Novellierung des BNatSchG ist überfällig. Daß immer wieder neue Anläufe unternommen werden mußten, lag nicht nur an den Finanzierungsproblemen. Ein Naturschutzgesetz greift nun einmal in die Interessen fast aller Bürger ein, seien es nun Land- oder Forstwirte, Gewerbetreibende oder unternehmerisch Tätige, Bauwillige, Sportler, echte Naturfreunde oder schlichte Wanderer und Erholungsuchende. Einen völligen Ausgleich aller Interessen herbeizuführen und dabei das große Ziel, den Schutz unserer Natur, nicht aus den Augen zu verlieren, das ist eine Aufgabe wie die Quadratur des Kreises. Es gibt kaum einen Bereich, in dem der Anspruch "sachverständig" zu sein, in derartiger Breite geltend gemacht wird wie im Naturschutz. Zumeist verbergen sich dahinter ziemlich eigennützige Motive, das Festhalten an vermeintlichen Privilegien, die Erorberung neuer. Darüber hinaus müssen zahlreichen fachlich durchaus wünschenswerten Überlegungen immer wieder auch die Grenzen entgegengehalten werden, die einer umfassenden Neuregelung des Naturschutzgesetzes durch die auf die Rahmengesetzgebung beschränkte Kompetenz des Bundes gesetzt sind. Diese Grenzen sind durch die Verfassungsreform von 1994 noch erheblich enger geworden."

Kurzdarstellung der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG)

I. Zweck des Rechtsetzungsvorhabens

Die Novellierung dient der Anpassung aus dem Jahr 1976 stammenden Gesetzes an

  • die gestiegenen gegenwärtigen und künftigen Anforderungen des Naturschutzes sowie
  • bindende EU-rechtliche Vorgaben (FFH-Richtlinie, Anforderungen des Binnenmarktes, neue EU-Artenschutzverordnung).

II. Kernpunkte des Rechtsetzungsvorhabens

Mit der Novelle soll das Bundesnaturschutzgesetz neu gefaßt und dabei den durch die Reform des Grundgesetzes vom November 1994 geänderten verfassungsrechtlichen Gegebenheiten angepaßt werden. Kernpunkte sind insbesondere:

1. Verbesserung des allgemeinen Schutzes von Natur und Landschaft, u.a. durch Regelungen zur

  • Stärkung des Vertragsnaturschutzes,
  • gesetzlichen Verankerung der ökologischen Umweltbeobachtung,
  • Verbesserung der Landschaftsplanung und
  • Ergänzung der Eingriffsregelung im Hinblick auf die Anforderungen der FFH-Richtlinie.

2. Hervorhebung des Naturschutzes als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, u.a. durch

  • Verpflichtung für jedermann, sich so zu verhalten, daß Natur und Landschaft nicht mehr als nach den Umständen unvermeidbar beeinträchtigt werden sowie
  • Verpflichtung von Bund und Ländern zur naturschutzfreundlichen Bewirtschaftung ihrer Flächen.

3. Verbesserung des Biotopschutzes, u.a. durch

  • Umsetzung der FFH-Richtlinie im Gebietsschutzabschnitt und
  • Einführung der Schutzkategorie Biosphärenreservat, die dem Ziel dient, Schutz und Nutzung von Natur und Landschaft modellhaft zu integrieren.

4. Anpassung des Artenschutzteils an EU-rechtliche Vorgaben, u.a. durch

  • Anpassung an die Anforderungen des Binnenmarktes und
  • Erlaß von Durchführungsbestimmungen zu der am 01.06.1997 in Kraft getretenen EU-Artenschutzverordnung.

5. Neuordnung des Verhältnisses von Landwirtschaft und Naturschutz, u.a. durch

  • Streichung der Landwirtschaftsklausel des § 1 Abs. 3
  • Klarstellung in den Grundsätzen, daß bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege die besondere Bedeutung der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft für die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft zu berücksichtigen ist,
  • Klarstellung in der eingriffsrechtlichen Landwirtschaftsklausel, daß die der guten fachlichen Praxis entsprechende land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung in der Regel keinen Eingriff darstellt,
  • Schaffung eines finanziellen Ausgleichs für wirtschaftliche Nachteile, die der Land- und Forstwirtschaft durch naturschutzbedingte Nutzungseinschränkungen entstehen.
05.06.1997 | Pressemitteilung 20/97 | Naturschutz
https://www.bmuv.de/PM1390
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