EU-Umweltministerratstagung am 19./20.Juni 1997 in Luxemburg

19.06.1997
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: 48/97 S
Thema: Internationales
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Leitung: Angela Merkel
Amtszeit: 17.11.1994 - 27.10.1998
13. Wahlperiode: 17.11.1994 - 27.10.1998
Merkel: Deutschland wird sich für anspruchsvolle Maßnahmen im Bereich der Luftreinhaltung und des Klimaschutzes einsetzen

Merkel: Deutschland wird sich für anspruchsvolle Maßnahmen im Bereich der Luftreinhaltung und des Klimaschutzes einsetzen

Heute und morgen findet in Luxemburg die zweite Ratstagung der EU-Umweltminister unter niederländischer Präsidentschaft statt. Schwerpunkte der Ratstagung sind Beschlüsse zur Verschärfung der Grenzwerte für Kfz-Emissionen und zur Verbesserung der Kraftstoffqualität, die Vervollständigung der Verhandlungsposition der Gemeinschaft für ein weltweites Klimaschutzprotokoll und die Begrenzung von flüchtigen organischen Verbindungen bei der Lösemittelanwendung in Industrieanlagen.

1. Richtlinienvorschlag gegen die Verunreinigung der Luft durch Emissionen von Kraftfahrzeugen sowie Richtlinienvorschlag über die Qualität von Otto- und Dieselkraftstoffen

Die Präsidentschaft strebt die Annahme eines gemeinsamen Standpunktes zu beiden Richtlinienvorschlägen an. Die Vorschläge stehen in einem engen Zusammenhang, da die Verfügbarkeit bestimmter Kraftstoffqualitäten am Markt Voraussetzung für den Einsatz von modernen emissions- und verbrauchsmindernden Techniken bei Kfz ist.

Hauptstreitpunkte bei der Emissionsrichtlinie sind die Höhe der Grenzwerte für das Jahr 2000 (Euro III) sowie die Frage, ob in einem zweiten Schritt für das Jahr 2005 (Euro IV) verbindliche, indikative oder gar keine Grenzwerte in die Richtlinie aufgenommen werden sollen. Deutschland strebt eine Verschärfung der im Kommissionsvorschlag vorgesehenen Grenzwerte für das Jahr 2000 an. "Auch für das Jahr 2005 muß der Rat heute Grenzwerte für eine weitere Verschärfung im Rahmen der Euro IV-Stufe verbindlich festlegen. Die Industrie braucht verläßliche Vorgaben, auf die sie die technische Entwicklung ausrichten kann. Soweit für diese Position im Rat keine Mehrheit erreichbar sein sollte, müssen die Grenzwerte für Euro IV jedenfalls indikativ mit der Möglichkeit einer nationalen steuerlichen Förderung fixiert werden. Ein Verzicht auf eine Festlegung von Euro IV kommt für mich nicht in Frage, zumal sich die deutsche emissionsbezogene Kfz-Steuer an den vorgeschlagenen Grenzwerten des Richtlinienvorschlages orientiert," erklärte Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel heute in Luxemburg.

Ferner wird sich Deutschland für einen zusätzlichen Abgastest bei tiefen Temperaturen (- 7 °C) einsetzen. Der Test bei tiefen Temperaturen stellt sicher, daß die Abgasreinigungssysteme auch bei kalten Witterungen frühzeitig anspringen. Auch die Festlegung einer "On-Board-Diagnose" (OBD) und Feldüberwachung in der Richtlinie sind aus deutscher Sicht unverzichtbar. Die OBD überwacht durch elektronische Kontrollsysteme die richtige Funktion der abgasrelevanten Bauteile. Aufgetretene Fehler werden durch ein Warnsignal angezeigt und erleichtern die Wartung. Die Feldüberwachung fordert, daß die Abgasreinigungssysteme über die übliche Lebensdauer des Fahrzeuges hinaus bei normalen Nutzungsbedingungen die Abgasvorschriften einhalten müssen. Zu diesem Zweck können Fahrzeuge stichprobenartig in unregelmäßigen Abständen überprüft werden.

Im Rahmen des Richtlinienvorschlags zur Verbesserung der Qualität von Otto- und Dieselkraftstoffen setzt Deutschland sich für eine Begrenzung des Benzolgehaltes auf 1 Prozent ab dem Jahr 2000 ein. Diese drastische Reduzierung gegenüber den bestehenden EG-Regelungen ist wegen der krebserzeugenden Wirkung von Benzol, vor allem für den Schutz der Bevölkerung in Ballungszentren, von großer Bedeutung. Deutschland strebt weiterhin einen möglichst raschen europaweiten Ausstieg aus der Verwendung von bleihaltigem Benzin an. Besonders wichtig ist, daß der Rat sich auf eine Verschärfung des geltenden Grenzwertes für den Schwefelgehalt im Kraftstoff verständigt, um den Einsatz fortschrittlicher Verbrauchs- und Abgastechniken bei Kfz zu ermöglichen. Deutschland tritt deshalb für eine verbindliche Festlegung von 50 ppm Schwefel spätestens ab dem Jahr 2005 ein.

2. Gemeinschaftliche Klimastrategie

Auf dem Umweltrat im März war eine EU-Verhandlungsposition für Ziele zur Reduktion von Treibhausgasen im Rahmen eines Protokolls zur Klimarahmenkonvention vereinbart worden, die auf die Festschreibung einer 15-prozentigen Reduktion der Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 bis zum Jahre 2010 für alle Annex-I-Staaten (Industriestaaten) abzielt. Zugleich bestand Einigkeit, daß die Festlegung eines Zwischenziels für 2005 erforderlich ist. Eine diesbezügliche Beschlußfassung strebt die Präsidentschaft für die bevorstehende Ratstagung an.

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Die niederländische Präsidentschaft hat einen Vorschlag für eine Verhandlungsposition der Europäischen Union vorgelegt, die eine Reduzierung der Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Sticktoffoxid von mindestens 7,5 Prozent bis zum Jahr 2005 gegenüber 1990 vorsieht. Ich halte dies nicht für ausreichend. Wir brauchen für die schwierigen Verhandlungen bei der 3. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention in Kyoto anspruchsvolle Positionen, um den Druck auf die anderen Vertragsstaaten zu erhöhen. Ich halte deshalb eine Reduzierung von 10 Prozent bis zum Jahre 2005 auf der Basis von 1990 für geboten."

3. Richtlinienvorschlag über die Begrenzung von flüchtigen organischen Verbindungen bei der Lösemittelanwendung in Industrieanlagen

Die niederländische Präsidentschaft strebt eine politische Einigung über den Richtlinienvorschlag an. Betroffen sind Anlagen, deren jährlicher Lösemittelverbrauch bestimmte Schwellenwerte für einzelne Branchen überschreitet. Dazu gehören u.a. Lackier-, Oberflächenreinigungs- und Druckanlagen sowie Anlagen zur Herstellung von Klebstoffen und Lacken, zur Schuhherstellung, zur Gewinnung von Pflanzenöl und zur Herstellung von Arzneimitteln. Mit diesen Industrieanlagen würden rund 2/3 der Quellen für flüchtige organische Verbindungen erfaßt werden. Ziel ist eine Emissionsreduzierung von ca. 50 Prozent bis zum Jahre 2007.

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Ich begrüße den vorgelegten Richtlinienvorschlag zur Begrenzung von flüchtigen organischen Verbindungen bei der Lösemittelanwendung, weil er neben den vorgesehenen Kfz-Emissionsrichtlinien einen wichtigen europaweiten Beitrag zur Bekämpfung des Sommersmogs leistet. Wir wünschen uns aber noch einige Verbesserungen bei den Regelungen zum Anwendungsbereich der Richtlinie sowie bei den Anforderungen an die Emissionsminderung. Durch relativ hoch angesetzte Schwellenwerte werden viele nach deutschem Recht von Emissionsminderungsauflagen erfaßte Industrieanlagen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herausdefiniert. Besonders problematisch ist dies z. B. bei Autolackieranlagen."

4. Internationales Übereinkommen über humane Fangnormen

Der Rat wird heute über den Abschluß eines internationalen Übereinkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft, Kanada und der Russischen Föderation über internationale humane Fangnormen sowie über eine Liste von Staaten entscheiden, die von einem europaweiten Einfuhrverbot der Tellereisenverordnung freigestellt werden sollen.

Der Allgemeine Rat hatte in seiner Sitzung vom 24. Februar 1997 die Kommission zur Fortsetzung der Verhandlungen mit Kanada, den USA und der Russischen Föderation mit dem Ziel der Nachbesserung des für unzureichend erachteten Entwurfs des Übereinkommens aufgefordert. Die Nachverhandlungen mit Kanada und der Russischen Föderation sind inzwischen abgeschlossen. Nur eine Einigung mit den USA steht weiterhin aus. In dem neuen Konventionstext sind gewisse Fortschritte insbesondere hinsichtlich eines beschleunigten Verbots von Stahltellereisen sowie hinsichtlich der Begrenzung von Ausnahmen für bestimmte Bevölkerungsgruppen erreicht worden. Für Kanada soll das Verbot der Verwendung von Stahltellereisen für sieben kanadische Tierarten sofort mit Inkrafttreten des Abkommens, für weitere fünf Arten ab dem 31.03.2000 gelten. Für die Russische Föderation würde das Verbot ab 31.12.1999 gegen Zahlung eines finanziellen Ausgleichs Anwendung finden, ansonsten vier Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens. Aus deutscher Sicht stellt das mit Kanada und der Russischen Föderation erzielte Verhandlungsergebnis trotz fortbestehender Schwächen hinsichtlich des Tierschutzes international einen Schritt nach vorne dar. Eine Einigung im Rat scheint daher möglich. Wichtig ist, daß auch mit den USA schnellstens ein entsprechendes Ergebnis erzielt wird. Andernfalls wird mit Ablauf von drei Monaten ein Importverbot für Felle aus den USA in Kraft treten müssen.

5. Sonstiges

Für die Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen in New York (23. - 27. Juni 1997) und die 9. Vertragsstaatenkonferenz des Montrealer Protokolls zum Schutz der Ozonschicht in Montreal (8. - 17. September 1997) wird der Umweltministerrat wichtige Festlegungen treffen.

- Im Hinblick auf die unmittelbar bevorstehende Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen wird der Rat die wesentlichen EU-Positionen noch einmal in Schlußfolgerungen zusammenfassen und betonen (z. B. Erteilung eines Verhandlungsmandates für ein Waldübereinkommen sowie neue Initiativen in Schlüsselbereichen wie Süßwasser, Energie und effiziente Ressourcenverwendung).

- Auf der Tagesordnung der 9. Vertragsstaatenkonferenz zum Montrealer Protokoll steht u.a. die Verkürzung der Fristen für den Ausstieg der Industriestaaten aus der Verwendung von Methylbromid. Deutschland strebt hier ein Vorziehen von 2010 auf das Jahr 2001 an. Für H-FCKW unterstützt Deutschland den Vorschlag der Kommission, das Ozonschichtschädigungspotential von 2,8 auf 2,0 Prozent zu senken und das Ausstiegsdatum von 2030 auf 2015 vorzuziehen.

19.06.1997 | Pressemitteilung 48/97 S | Internationales
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