Hirche: Selbstverpflichtungen ermöglichen Textilherstellern umweltgerechtes Verhalten
Heute übergeben der Verband der Textilhilfsmittel-, Lederhilfsmittel-, Gerbstoff- und Waschrohstoff-Industrie (TEGEWA), vertreten durch ihren Vorsitzenden, Dr. Hans-Jürgen Degen, und der Gesamtverband der deutschen Textilveredelungsindustrie (TVI), vertreten durch ihren Vorsitzenden, Wilhelm Dieter Beines, dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Walter Hirche, zwei Selbstverpflichtungen für einen verbesserten Gewässerschutz. Ziel ist es, durch eine Klassifizierung von sogenannten chemischen Textilhilfsmitteln (THM) nur noch solche zu verwenden, die ökologisch verträglich sind.
Die Selbstverpflichtung des Verbandes TEGEWA enthält die Empfehlung an die Mitgliedsfirmen, die von diesen hergestellten und in Verkehr gebrachten THM in Eigenverantwortung einem vorgegebenen Klassifikationskonzept - wenig abwasserrelevant (Klasse 1), abwasserrelevant (Klasse 2) und stark abwasserrelevant (Klasse 3) - zuzuordnen. Das Konzept von TEGEWA wird ergänzt durch eine Empfehlung des Gesamtverbandes der deutschen Textilveredlungsindustrie (TVI). Danach sollen zukünftig die Mitgliedsfirmen - die Anwender von THM - nur noch solche Mittel verwenden, die von den Herstellern nach dem Klassifikationskonzept in Klasse 1 eingestuft sind. Das Klassifikationskonzept der TEGEWA unterliegt einer Kontrolle ("Monitoring"). Die richtige Zuordnung der THM in die drei Klassen wird stichprobenartig überprüft. Alle zwei Jahre wird TEGEWA über Anzahl und Mengen der den Klassen 1, 2 und 3 zugeordneten und im Inland verkauften THM berichten und dem Bundesumweltministerium über die Wirksamkeit der Selbstverpflichtung Rechenschaft ablegen. Der erste Bericht wird bis zum 31. März 2001 erstellt.
Die Textilveredelungsindustrie gehört zu den abwasserintensivsten Industriezweigen. Sie ist gekennzeichnet durch einen hohen Wasserbedarf sowie den Einsatz großer Mengen umweltrelevanter Stoffe. Da diese Stoffe in den Abwasserbehandlungsanlagen nur zum Teil biologisch abgebaut werden, belasten sie entweder den Klärschlamm oder gelangen in die Gewässer. Die deutsche Textilindustrie setzt zur Veredelung ihrer Produkte derzeit jährlich rund 13.000 Tonnen Farbstoffe, 102.000 Tonnen THM und 204.000 Tonnen Grundchemikalien ein. Insbesondere die THM tragen hierbei wesentlich zur Umweltbelastung bei. Hierzu zählen Bleichmittel, Mittel zur Herstellung filzfreier Wolle, Mittel zur Herstellung pflegeleichter Baumwolle u.a.
Eine Verminderung dieser Umweltbelastungen ist den Anwendern der THM, also den Textilveredlungsunternehmen, derzeit nur mit erheblichem Aufwand bei der Abwasserbehandlung möglich. Doch angesichts der derzeitigen angespannten wirtschaftlichen Situation der deutschen Textil- bzw. Textilveredlungsindustrie werden die Klagen über die damit verbundenen Kosten immer lauter. Bisher ist es der textilverarbeitenden Industrie nicht möglich, diese Belastung durch die Wahl zwischen ökologisch bedenklichen und weniger bedenklichen THM zu minimieren, da der Branche über den Belastungsgrad keine ausreichenden Angaben vorliegen.
Parlamentarischer Staatssekretär Walter Hirche: "Mit den heute vorgelegten Selbstverpflichtungserklärungen von TEGEWA und TVI wird es der Textilindustrie in Zukunft möglich sein, auf solche Produkte zu verzichten, die für das Abwasser bedenkliche Stoffe enthalten. Die Bestimmung des Einsatzes von Textilhilfsmitteln mit Hilfe ökologischer Kriterien ist ein vielversprechender und einfallsreicher Schritt hin zu einer umweltverträglicheren Textilproduktion. Ich bin zuversichtlich, daß sich dieses Instrument bewähren und einen ökologischen Wettbewerb in Gang setzen wird. Andere wichtige wasserwirtschaftliche Aspekte müssen aber weiterverfolgt werden. In allseitigem Interesse muß umgehend die notwendige Abwasservorschrift für die Textilindustrie dem aktuellen Stand der Technik angepaßt werden. Ich bin sicher, daß ein tragfähiger Konsens zwischen den ökologischen Notwendigkeiten und den gesamtökonomischen Möglichkeiten gefunden wird. Auch muß unabhängig von dem neuen Auswahlschema zur Bewertung der Textilhilfsmittel die Heranführung der Einstufung wassergefährdender Stoffe an das europäische Chemikalienrecht verwirklicht werden."
Die Einführung einer ökologischen Klassifizierung von Textilhilfsmitteln entspricht einer Forderung von Bund und der Ländern. So hat bereits die Enquête-Kommission "Schutz des Menschen und der Umwelt" des Deutschen Bundestages in ihrem Abschlußbericht von 1994 eine solche Klassifizierung empfohlen. Darüber hinaus haben die Länder mit ihrem auf der 44. Umweltministerkonferenz im Mai 1997 gefaßten Beschluß das Bundesumweltministerium beauftragt, auf die Einführung einer ökologischen Bewertung von Textilhilfsmitteln hinzuwirken.