Merkel: Das Kreislaufwirtschaftsgesetz hat einen umfassenden Strukturwandel in Gang gesetzt Abfallaufkommen ist rückläufig - Verwertungsquote steigt
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Hamburg, 01.12.1997
Politische Perspektiven der Kreislaufwirtschaft
Merkel: Das Kreislaufwirtschaftsgesetz hat einen umfassenden Strukturwandel in Gang gesetzt Abfallaufkommen ist rückläufig - Verwertungsquote steigt
"Mit dem Jahr 1990 wurde in Deutschland die Wende in der Abfallpolitik eingeleitet. Wesentliche Schritte in die Kreislaufwirtschaft waren die 1991 in Kraft getretene Verpackungsverordnung und das 1994 verabschiedete Kreislaufwirtschaftsgesetz. Seit 1990 sind die Abfallmengen in Deutschland rückläufig. So ist z. B. das Pro-Kopf-Aufkommen für Siedlungsabfälle zur Beseitigung in Baden-Württemberg nach Angaben des Landes von 535kg (1990) auf 237 kg (1996) gesunken. Ein weiterer Rückgang um 24 Prozent konnte bei den Gewerbe- und Baustellenabfällen erzielt werden. Dieser Trend wird von anderen Bundesländern bestätigt. Damit hat das Gesetz die Umorientierung von der "Wegwerfgesellschaft" zu einer Kreislaufwirtschaft eingeleitet und einen umfassenden Strukturwandel in Gang gesetzt." Dies erklärte Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel heute in Hamburg auf dem 9. Internationalen Recycling Congress, der sich mit den politischen Perspektiven der Kreislaufwirtschaft beschäftigt.
Die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft wurden 1996 mit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes praktisch umgesetzt. Damit wurde der Grundsatz "Vermeiden - Verwerten - Beseitigung" auf den gesamten Abfallbereich ausgedehnt und die Produktverantwortung der Hersteller in das Gesetz aufgenommen.
Bis Ende der 80er Jahre war die Entsorgungssituation in Deutschland durch ein ständig steigendes Abfallaufkommen geprägt. Die Kommunen befürchteten, daß die von ihnen getragenen Entsorgungseinrichtungen mit den Abfallmengen nicht mehr fertig würden, insbesondere die Deponie- und Verbrennungskapazitäten schienen nicht ausreichend zu sein. Heute ist das Gegenteil der Fall. Der Einstieg in die Kreislaufwirtschaft läßt das Abfallaufkommen sinken bei gleichzeitiger Steigerung der Verwertungsquoten.
Anpassungsprobleme in den Ländern
Das Kreislaufwirtschaftsgesetz verpflichtet primär Abfallerzeuger aus Gewerbe und Industrie, ihre Abfälle eigenverantwortlich zu verwerten und - soweit sie über eigene Anlagen verfügen - auch zu beseitigen. Dies entlastet die Kommunen, die bisher allein für die Entsorgung verantwortlich waren. Die kommunale Daseinsvorsorge gilt nunmehr nur dort, wo eine eigenverantwortliche Entsorgung technisch oder wirtschaftlich nicht mehr möglich ist. Private Haushalte müssen ihre Abfälle aber nach wie vor der kommunalen Entsorgung überlassen. In Folge stark sinkender Abfallmengen haben die Kommunen Schwierigkeiten, ihre bestehenden Anlagen auszulasten.
Eine Vielzahl von Kommunen hat deshalb durch Merkblätter und Ausgestaltung von Satzungen den Begriff der Abfälle zur Beseitigung stark zu ihren Gunsten ausgelegt und versucht, ihre unausgelasteten Anlagen und Deponien auch mit Abfällen zur Verwertung zu füllen.
Das Bundesumweltministerium hat dieser rechtswidrigen Auslegung sehr frühzeitig widersprochen und wurde dabei von einer Vielzahl von Gerichtsentscheidungen bestätigt. In den Sommermonaten hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eine Vollzugshilfe erarbeitet, die von der letzten Umweltministerkonferenz gebilligt worden ist. Es enthält zu allen wichtigen Auslegungsfragen detaillierte Aussagen und wird den Vollzug auf eine einheitliche und rechtskonforme Grundlage stellen.
Zur besseren Auslastung bestehender Deponie und Abfallverbrennungsanlagen ist eine stärkere Zusammenarbeit über Landkreise hinweg und zwischen den Ländern notwendig, um Gebührensteigerungen für die Bürger in Grenzen zu halten.
Produktverantwortung - Weiterer Schlüssel zur Kreislaufwirtschaft
Dem Gedanken der Produktverantwortung hat die Bundesregierung im Rahmen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes durch die Verpackungsverordnung, die Altautoverordnung und die Annahme von Selbstverpflichtungen der Industrie in den Bereichen Altpapier, Altauto und Bauschuttverwertung Rechnung getragen. Darüber hinaus wird die Batterieverordnung den Handel künftig verpflichten, von ihm vertriebene Batterien nach Gebrauch vom Verbraucher unentgeltlich zurückzunehmen und den Herstellern zur Verwertung oder Beseitigung zu überlassen. Weitere Fortschritte in der Kreislaufwirtschaft werden die Informationstechnikgeräte-Verordnung und die Bioabfallverordnung bringen. So wird die IT-Geräte-Verordnung vorsehen, die jährlich in der Bundesrepublik Deutschland anfallenden 360.000 Tonnen Informations- und Kommunikationstechnikgeräte zu erfassen und einer ordnungsgemäßen Verwertung zuzuführen. Dies wird den Kommunen Verwertungskosten von jährlich mehr als 500 Millionen DM ersparen.
Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Wirtschaft und Verbraucher haben das Prinzip der Kreislaufwirtschaft aufgegriffen. Bei der Umsetzung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sind wir gut vorangekommen, aber weitere Schritte sind notwendig. So werden wir nicht nur die Produktverantwortung weiter ausbauen, sondern verstärkt auch Regelungen über die umweltverträgliche Verwertung von Abfällen schaffen, um noch bestehende Schlupflöcher für Billigverwertungen Schritt für Schritt zu schließen. Dadurch geben wir der produzierenden Wirtschaft eine wichtige Orientierungshilfe und setzen der privaten und kommunalen Entsorgung zugleich verläßliche Rahmenbedingungen für Investitionen. Wir sehen uns hier im Schulterschluß mit der EG, die sich in ihrer Abfallstrategie vom 24.02.1997 das Ziel gesetzt hat, die Verwertung von Abfällen europaweit durch Umweltstandards zu regeln. Kreislaufwirtschaft wird auch auf EG-Ebene vorangetrieben. Mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz können wir auf der Grundlage unserer Erfahrungen nunmehr Motor für diese Entwicklung sein."