Merkel: Weitere deutliche Reduzierung der Schwefeldioxid-Belastung durch Kraftwerkssanierung in diesem Jahr - Intensive Suche nach den Quellen der Ger
"Im Rahmen der deutsch-tschechischen Zusammenarbeit zur Verringerung der Luftbelastung im Erzgebirge haben wir in diesem Jahr gute Fortschritte erzielt. Weitere Maßnahmen zur Sanierung der Kraftwerke auf beiden Seiten der Grenze haben zu einer weiteren erheblichen Verringerung der SO2-Belastung in der Region geführt, die sich für die Menschen spürbar positiv auswirken wird. Dies trifft auch für die Wälder im Erzgebirge zu. Jedoch bleiben sie durch die jahrzehntelange enorme Luftbelastung auch weiterhin streßanfällig, so daß eine Gesundung des Waldes nur schrittweise erfolgen kann. Mit der Umsetzung notwendiger weiterer Maßnahmen zur Reduzierung der Schwefeldioxid-Belastung wird zugleich auch die intensive Suche nach den Quellen der zeitweisen Geruchsbelastungen, unter denen die Bevölkerung auf deutscher Seite besonders zu leiden hat, fortgesetzt. Die im Rahmen der Zusammenarbeit eingeleiteten Untersuchungen und Messungen auf beiden Seiten der Grenze werden hoffentlich bald zu einer Lösung des Problems führen." Dies erklärte Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel heute anläßlich ihres Besuchs im tschechischen Unternehmen Chemopetrol Litvinov, wo sie u.a. gemeinsam mit dem sächsischen Umweltminister Arnold Vaatz bilaterale Gespräche mit ihrem tschechischen Amtskollegen Jiri Skalicky führte. Im Mittelpunkt der Gespräche stand der erste gemeinsame deutsch - tschechische Luftreinhaltebericht für das Erzgebirge, der im Anschluß der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.
Der Luftreinhaltebericht für das Erzgebirge erfaßt die gesamte Belastungssituation auf beiden Seiten der Grenze, stellt die Wirkungen auf Mensch und Vegetation dar und analysiert die Ursachen. Darüber hinaus werden die bisher von beiden Seiten eingeleiteten Maßnahmen zur Verminderung der Belastungen dargestellt. So wird gezeigt, daß sich die Luftqualität im Böhmischen Becken und damit auch im Erzgebirge durch die deutsch-tschechischen Bemühungen kontinuierlich verbessert hat. So lag die SO2-Belastung im sächsischen Gebiet zwischen Dezember 1996 und April diesen Jahres bis auf einzelne lokale Ausnahmen deutlich unter den Werten des Winters 1995/96. Dies resultiert vor allem aus der fortschreitenden Entschwefelung der tschechischen Kraftwerke in Grenznähe. So hatten die Tschechischen Energiewerke (CEZ AG) die Schwefeldioxid-Emissionen von annähernd 1 Million Tonnen 1991 auf 400 000 Tonnen 1996 zurückgeführt. Mit der vor kurzem erfolgten Inbetriebnahme einer modernen Rauchgasentschwefelungsanlage im 800-MW-Kraftwerk Tusimice II werden es nunmehr nur noch 200.000 Tonnen SO2 pro Jahr sein. Im kommenden Winter werden damit nur noch 530 MW nicht sanierte Kraftwerkskapazität (in Ledvice und Tusimice I) vorhanden sein, deren Nutzung im Umfang bis zu 360 MW für die Wärmeversorgung zunächst noch erforderlich bleibt. Auch diese Kraftwerksblöcke werden spätestens Ende 1998 endgültig abgeschaltet.
Das Bundesumweltministerium hat die Anstrengungen auf tschechischer Seite seit 1992 mit insgesamt 50 Millionen DM unterstützt. Bislang konnten zwei Projekte - die Nachrüstung des Kraftwerks Prunerov I sowie des Kraftwerks T 700 von Chemopetrol mit Rauchgasentschwefelungsanlagen - erfolgreich abgeschlossen werden. Zwei weitere Projekte - die Umstellung des Kraftwerks Tisova I auf Wirbelschichtfeuerung und der Aufbau einer umweltfreundlichen Wärme- und Stromversorgung von Cheb (Eger) - befinden sich in der Realisierungsphase. Durch diese Projekte werden insgesamt über 100.000 Tonnen SO2 im Jahr vermieden.
Bundesumweltministerin Merkel und Minister Skalicky stellten fest, daß trotz der erreichten Fortschritte noch erheblicher Handlungsbedarf besteht. So soll im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprogramms untersucht werden, welche weiteren Schadstoffreduzierungen durch Umstellung auf saubere Technologien und Brennstoffe, den Einsatz erneuerbarer Energien, Verringerung des Energiebedarfs und Maßnahmen im Verkehrssektor erzielt werden können. Die Ergebnisse werden in den zweiten Teil des Luftreinhalteberichts einfließen, der weitere Vorschläge für Maßnahmen zur Verringerung der Luftbelastung im Erzgebirge enthalten wird.
Schwierig gestaltet sich die Suche nach möglichen tschechischen Quellen des sogenannten "Katzendreckgestanks", der noch immer gelegentlich auftritt und mit erheblichen Belastungen der Bevölkerung in den Grenzgemeinden verbunden ist. Die von einer deutsch-tschechischen Expertengruppe veranlaßten Kontrollen bei in Frage kommenden Unternehmen haben bisher zu keinem Erfolg geführt. Deshalb wird seit September diesen Jahres ein abgestimmtes Meßprogramm auf beiden Seiten der Grenze durchgeführt. Die in Betracht kommenden Unternehmen auf tschechischer Seite sind in das Meßprogramm einbezogen. Letztlich wird die Quelle des Geruchs aber nur in Zusammenarbeit mit den Unternehmen, die selbst mögliche Geruchsquellen in ihren Anlagen am besten kennen, gefunden werden. Daher wird begrüßt, daß die in Frage kommenden Unternehmen im Raum Litvinov/Most nunmehr ihre Bereitschaft erklärt haben, bei der Suche nach den Geruchsquellen konstruktiv mitzuwirken. Zwischen den Behörden beider Seiten und den Unternehmen wurde ein Meldeweg vereinbart, der sicherstellt, daß die Unternehmen beim erneuten Auftreten von Geruchsbelastungen sehr kurzfristig in die Suche nach der jeweiligen Quelle einbezogen werden. Bundesumweltministerium und die Deutsche Ausgleichsbank stehen mit Chemopetrol in Verhandlungen über die Förderung weiterer Umweltinvestitionsmaßnahmen, darunter auch zur Verminderung von Geruchsemissionen.
Bereits jetzt wird ein Rückgang der Geruchsereignisse gegenüber dem Vorjahr verzeichnet, der offenbar auf ein geschärftes Problembewußtsein in den betroffenen Unternehmen zurückzuführen ist. Bundesumweltministerin Merkel sprach die Hoffnung aus, daß sich dieser Trend fortsetzt.
Darüber hinaus informierte sich Bundesumweltministerin Merkel während ihres Besuchs im Chemieunternehmen Chemopetrol über das gemeinsame Umweltschutzpilotprojekt "Kraftwerk T 700". Die neu installierten Rauchgasreinigungsanlagen des auf der Basis von Braunkohle arbeitenden Kraftwerks, die das Bundesumweltministerium mit Investitionszuschüssen in Höhe von 14 Millionen DM gefördert hatte, wurden kürzlich in Betrieb genommen. Darüber hinaus werden derzeit Anlagen zur Vorbehandlung und Mitverbrennung von Klärschlämmen ebenfalls mit Unterstützung des Bundesumweltministeriums (11,9 Millionen DM) errichtet. In einem Pilotversuch wird dabei ab Anfang kommenden Jahres die Verbrennung industrieller Schlämme des Chemieunternehmens und nicht verwertbarer Klärschlämme aus kommunalen Kläranlagen des nordböhmischen Abwasserzweckverbandes getestet, der die ökologische Verträglichkeit und die ökonomische Tragfähigkeit dieses Verwertungspfades nachweisen soll. Bei einem positiven Ergebnis sollen im Kraftwerk T 700 dauerhaft Klärschlämme mitverbrannt werden. Die Anlagen werden deutschen und europäischen Umweltstandards entsprechen und die Grenzwerte einhalten.
Bundesumweltministerin Merkel: "Auch nach dem heutigen Gespräch mit meinem tschechischen Amtskollegen Skalicky bin ich der festen Überzeugung, daß die erfolgreiche und kontinuierliche deutsch-tschechische Zusammenarbeit künftig fortgesetzt wird und beide Seiten gleichermaßen intensiv an der Verringerung der Luftbelastungen entlang der gemeinsamen Grenze arbeiten. Die Geschwindigkeit und Effizienz der Sanierung der tschechischen Braunkohlekraftwerke ist in ganz Europa ohne Beispiel - ein Verdienst, auf den die tschechische, aber auch die deutsche Seite stolz sein kann. Denn die Bundesrepublik hat mit umfangreichen Finanzhilfen den Einsatz neuer Techniken für Emissionsminderungen im großen Umfang ausgelöst. Daher bin ich optimistisch, daß künftig Extremsituationen wie im Winter 1995/96 vermieden werden können, sich die Gesundheitsbelastung für die Bevölkerung weiter verringert und der Erzgebirgswald sich langfristig schrittweise wieder erholt."