8. Trilaterale Regierungskonferenz zum Schutz des Wattenmeeres beendet

22.10.1997
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: 103/97 S
Thema: Meeresschutz
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Leitung: Angela Merkel
Amtszeit: 17.11.1994 - 27.10.1998
13. Wahlperiode: 17.11.1994 - 27.10.1998
Ministererklärung mit gemeinsamen Wattenmeerplan verabschiedet

Ministererklärung mit gemeinsamen Wattenmeerplan verabschiedet

Unter der Leitung von Bundesumweltministerin Angela Merkel ging heute die 8. Deutsch-Dänisch-Niederländische Regierungskonferenz zum Schutz des Wattenmeeres zu Ende. Ministerin Merkel: "Die Konferenz hat mit der Verabschiedung des Wattenmeerplanes einen großen Erfolg verbucht. Erstmals ist es gelungen, Interessen des Umwelt- und Naturschutzes einerseits mit denen der Nutzerseite andererseits auf Maßnahmen, Aktionen und Projekte bezogen konkret zu definieren."

Wichtigstes Konferenzergebnis ist die Verabschiedung der Ministererklärung mit dem Wattenmeerplan. Der Plan ist eine politische Absichtserklärung, der für die verschiedenen Teilbereiche des Wattenmeeres (Salzwiesen, Dünen, Ästuare, Tidebereich, Offshore-Zone, ländliche Gebiete, Landschaft und Kultur, Wasser und Sedimente sowie für Vögel und Meeressäuger) konkret die Ziele der gemeinsamen Schutzbemühungen benennt. Ebenso enthält er die dafür notwendigen Maßnahmen und Aktionen und weiterführende trilaterale Projekte. Dabei werden naturschutzrelevante Maßnahmen der wichtigsten Nutzerbereiche mit einbezogen. Die Erarbeitung des Planes brachte im Vorfeld der Konferenz in den Küstenländern, insbesondere auf den Inseln, erhebliche Diskussionen und die Befürchtung zusätzlicher naturschutzbedingter Beschränkungen mit sich.

Ministerin Merkel: "Ich habe in Gesprächen mit Vertretern der Inselgemeinden, der Wirtschaft, des Tourismus, der Industrie- und Handelskammern und mit den Betroffenen vor Ort den Wattenmeerplan diskutiert. Er berücksichtigt umfassend und ausgewogen die Schutz- und Nutzerinteressen. Der Plan ist für die weitere Zusammenarbeit wichtig. Er stellt eine trilateral abgestimmte Grundlage dar für unsere gemeinsamen Bemühungen zum nachhaltigen Schutz des weltweit einmaligen Ökosystems Wattenmeer."

An der Konferenz haben neben den Regierungsdelegationen, zu denen auf deutscher Seite auch Vertreter Niedersachsens, Schleswig-Holsteins, Bremens und Hamburgs gehörten, auch Delegationen der wichtigsten Nutzerverbände und des Naturschutzes teilgenommen. Vertreter der Kooperation der Wattenmeerinseln der Inter-Regionalen Zusammenarbeit im Wattenmeer und der Beiräte im Wattenmeer waren als Beobachter und mit eigenen Beiträgen aktiv an der Konferenz beteiligt.

Die Minister vereinbarten auf der Konferenz außerdem, daß die Auswirkungen des Wattenmeerplanes auf die Wattenmeerregion, insbesondere die Inseln, beobachtet und bei der nächsten Regierungskonferenz bewertet werden soll. Die Minister betonten, daß bei der Umsetzung des Wattenmeerplanes die aktive Unterstützung durch die zuständigen Behörden, die Interessenverbände und die einheimische Bevölkerung von besonderer Bedeutung ist.

Weitere wichtige Entscheidungen der Konferenz waren u.a., baldmöglichst mit der Anwendung eines trilateralen Monitoring-Programms zu beginnen, das die Bewertung des ökologischen Zustandes des Wattenmeeres ermöglichen wird. Ebenso sollen die Aktivitäten für die Benennung von Gebieten für das kohärente ökologische europäische Netz von Schutzgebieten ("Natura 2000") abgestimmt werden.

Der Vorsitz in der trilateralen Zusammenarbeit zum Schutz des Wattenmeeres geht nach Abschluß der Konferenz von Deutschland auf Dänemark über. Ministerin Dr. Angela Merkel: "Die Konferenz hat die zukünftige Zusammenarbeit zum Schutz des ökologisch einmaligen Ökosystems Wattenmeer auf eine neue Grundlage gestellt, die dem Anspruch der Nachhaltigkeit gerecht wird. Der Wattenmeerplan bietet Gewähr dafür, daß die Belange von Mensch und Natur, die im Wattenmeer besonders eng verwoben sind, im Einklang miteinander sind."

Anlage

Ausgewählte Punkte der Ministererklärung der Trilateralen Wattenmeerkonferenz

Die Ministererklärung betont einerseits die Notwendigkeit, das Wattenmeer umfassend zu schützen, andererseits soll die nachhaltige Nutzung im Wattenmeergebiet weiterhin möglich sein. Die Ministererklärung unterstreicht, daß unzumutbare Beeinträchtigungen der Interessen der lokalen Bevölkerung und ihrer traditionellen Nutzungen im Wattenmeergebiet vermieden werden müssen. Alle Nutzer-Interessen müssen fair und ausgewogen im Lichte des Schutzzweckes im allgemeinen und des jeweiligen Einzelfalles abgewogen werden. Auf dieser Grundlage werden in der Ministererklärung folgende Punkte besonders hervorgehoben:

1) Die herausragende ökologische Bedeutung des Wattenmeergebietes und die Verantwortung für dieses Gebiet werden von allen Teilnehmerstaaten anerkannt.

2) Die Minister fordern alle zuständigen Behörden auf, ihren Dialog mit sämtlichen Betroffenen fortzuführen bzw. zu intensivieren, um die Akzeptanz in der Region zu erhöhen und damit die nachhaltige Nutzung zu fördern. Die Information der Bevölkerung soll auf der Basis der Muttersprache gewährleistet werden. (5)

3) Zukünftig soll die betroffene Bevölkerung aktiv in die Ausarbeitung von Vorschlägen für die nächste Wattenmeerkonferenz eingebunden werden. (10)

4) Die Minister unterstreichen die grundsätzliche Notwendigkeit des Küstenschutzes. Der Wattenplan wird bestehende Sicherheitsstandards nicht beeinträchtigen. (8)

5) Die Wattenmeerländer sagen zu, daß die Sicherheit der internationalen Schiffahrtswege gewährleistet bleibt. Hafenbetreiber werden aufgerufen, die Empfehlungen des Wattenmeerplans aufzugreifen. (9)

6) Auf der nächsten Wattenmeerkonferenz wünschen die Minister eine Unterrichtung über die bis dahin erfolgten Maßnahmen und deren Auswirkungen unter besonderer Beachtung der Wattenmeerinseln. (11)

7) Die Minister schaffen so schnell wie möglich die Voraussetzungen für die Anwendung eines Trilateralen Monitoringsprogramms für das gesamte Wattenmeer. (20)

Ausgewählte Punkte des Wattenmeerplans

1) Der Plan ist eine politische Übereinkunft. Die Umsetzung darf nicht mit den einschlägigen Rechtsvorschriften der Seeschiffahrt, des Management von Schiffahrtsrouten, des Hafenmanagement, des Katastrophenschutzes, der Seenotrettungsdienste und anderen Aspekte der inneren und äußeren Sicherheit kollidieren. (6)

2) Der Bau von Windkraftanlagen im Wattenmeerschutzgebiet ist verboten. (1.1.4)

3) Im Schutzgebiet sind Offshore-Aktivitäten mit negativen Auswirkungen beschränkt. (2.1.10)

4) Im Wattenmeerplan wird angestrebt, die natürliche Salzwiesenflächen zu erhalten und nach Möglichkeit zu vergrößern. (3.1.2)

5) Bei Salzwiesen sind Vordeichungen grundsätzlich verboten und der Verlust von Biotopen durch Küstenschutzmaßnahmen wird so gering wie möglich gehalten. (3.1.7)

6) In Salzwiesen sollten keine neuen Infrastrukturanlagen errichtet werden, die dauerhafte oder lang anhaltende Auswirkungen haben. (3.1.14)

7) Erforderliche Infrastrukturmaßnahmen zur Bereitstellung von z. B. Gas, Strom etc. auf den Inseln und den Halligen werden so durchgeführt, daß Umweltauswirkungen begrenzt bleiben. (3.1.15)

8) Eine Genehmigung für kleinere Änderungen an Außenpries und Landungsbrücken wird nur nach Prüfung sämtlicher Interessen erteilt. (4.1.3)

9) Bei Erweiterungs-, Umbauarbeiten sowie beim Bau neuer Hafen- und Industrieanlagen und Pipelines müssen die Auswirkungen auf die Umwelt so gering wie möglich gehalten werden. Wenn dauerhafte oder langanhaltende Auswirkungen nicht vermieden werden können, sind Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen. (4.1.5) und (4.1.13)

10) Für die Verklappung von Baggergut gelten die einschlägigen Richtlinien der Oslo-Kommission. (4.1.15)

11) Die Miesmuschelfischerei wird grundsätzlich auf den Sublitoralbereich beschränkt. (4.1.18)

12) Die derzeitige Muschelkulturfläche wird nicht vergrößert. (4.1.19)

13) Für Schiffe gelten unter Berücksichtigung von Sicherheits- und Umweltschutzaspekten etc. Geschwindigkeitsbeschränkung. (4.1.22)

14) Negative Auswirkungen von Luftkissen- und Tragflächenbooten etc. werden durch Einschränkungen auf ein Mindestmaß reduziert. (4.1.23)

15) Durch den Einsatz von Informationssystemen sollen die negativen Auswirkungen des Tourismus verringert werden. (4.1.24)

16) Dünen werden unter Schutz gestellt (5.1.1) und der Verlust von Dünen durch Infrastrukturanlagen nicht geduldet. (5.1.4)

17) Der Verlust von Biotopen durch Küstenschutzmaßnahmen wird auf ein Mindestmaß beschränkt. (5.1.6)

18) Zur Bestimmung von wertvollen Wattenmeerelementen einschließlich der Gewässerrandstreifen und der Ästuare wird ein Bericht für die nächste Konferenz erstellt. (6.2.1)

19) In Niedersachsen wird ein Konzept zum Schutz wertvoller Ästuarbereiche erarbeitet, (6.2.3) und gleichzeitig eine Renaturierung der Randstreifen geprüft.

20) In wichtigen Brutgebieten werden die Störungen vermindert, in dem der Zugang diesen Gebieten reglementiert, die Beweidung eingeschränkt und das Befahren mit Autos von Strand- und Dünenflächen im Brutgebiet verboten wird. (9.1.6) bis (9.1.8)

21) Die Jagd auf wandernde Tierarten wird im Wattenmeerschutzgebiet schrittweise eingestellt. (9.1.11)

22.10.1997 | Pressemitteilung 103/97 S | Meeresschutz
https://www.bmuv.de/PM1314
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