Broschüre "Umweltschutz und Beschäftigung" des Umweltbundesamtes zeigt: Weiterentwicklung der Umwelttechnologie bietet Chancen für den Arbeitsmarkt
"Als 1983 die Großfeuerungsanlagenverordnung in Kraft trat, standen im Vordergrund der Diskussion die befürchteten negativen Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Tatsächlich hat rückwirkend betrachtet die Verordnung dazu geführt, daß Deutschland weltweit führend auf dem Gebiet der Emissionsminderungstechnik wurde und rund 47.000 Arbeitsplätze geschaffen wurden. Nach einer ersten Abschätzung der Vereinigung der deutschen Zentralheizungswirtschaft und des Bundesumweltministeriums werden als Folge des mit der Kleinfeuerungsanlagenverordnung initiierten Modernisierungsschubs rund 13.000 zusätzliche Arbeitsplätze erwartet. Dies sind nur zwei Beispiele dafür, wie der dauerhafte Schutz der Umwelt mit dem Abbau der Arbeitslosigkeit und der Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland in Einklang zu bringen ist," erklärt Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel anläßlich der Vorstellung der Broschüre "Umweltschutz und Beschäftigung" des Umweltbundesamtes.
Die Kleinfeuerungsanlagenverordnung ist nur eine von über 150 Maßnahmen des nationalen Klimaschutzprogramms der Bundesregierung. Auch in anderen Bereichen ist mit erheblichen Beschäftigungseffekten zu rechnen. Dazu gehört z. B. die Wärmedämmung im Gebäudebestand. Modernisierungsmaßnahmen weisen eine sehr hohe Arbeitsintensität auf. Während z. B. beim Neubau der Faktor Arbeit nur rund 30 Prozent des finanziellen Gesamtvolumens ausmacht, sind es bei Modernisierungsmaßnahmen rund 70 Prozent. So schätzt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) das hier bestehende Beschäftigungspotential auf jährlich rund 75.000 Arbeitsplätze bis etwa 2010.
Zu den Wachstumsmärkten zählt auch der Einsatz und die Entwicklung erneuerbarer Energien. Den stärksten Zuwachs verzeichnete der Bereich der Windenergie. Hier wurden in wenigen Jahren rund 10.000 Arbeitsplätze geschaffen.
Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Gerade vor dem Hintergrund des deutschen Ziels, die CO2-Emissionen bis 2005 um 25 Prozent zu reduzieren und mit Blick auf die Beschlüsse von Kyoto, sind erhebliche weitere Anstrengungen im Klimaschutz erforderlich. Ich sehe im Energiebereich ganz eindeutig die Chance, nicht nur für den Umweltschutz tätig zu sein, sondern durch die rationelle Energienutzung zur Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft beizutragen und gleichzeitig neue Beschäftigungsfelder zu erschließen. Mit dem im November vom Bundeskabinett verabschiedeten 4. Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe "CO2-Reduktion" wurde das bis dahin über 130 Maßnahmen umfassende Klimaschutzprogramm der Bundesregierung erweitert und bestätigt. Darin enthalten ist u.a. die geplante Novellierung der Wärmeschutzverordnung und der Heizungsanlagenverordnung."
Es gibt inzwischen eine Vielzahl von in- und ausländischen Studien, die sich mit den Beschäftigungswirkungen der Maßnahmen zur Energieinsparung befaßt haben. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen variieren zwar aufgrund unterschiedlicher Annahmen und methodischer Vorgehensweise beträchtlich, kommen aber nahezu einhellig zu dem Schluß, daß durch Maßnahmen zur Energieeinsparung Arbeitsplätze geschaffen werden können. Danach liegen die erzielbaren positiven Beschäftigungseffekte bei mindestens 100.000 zusätzlichen Stellen in Deutschland.
Präsident des Umweltbundesamtes, Prof. Dr. Andreas Troge: "Sparmaßnahmen im Energiebereich können dazu beitragen, die Position der deutschen Wirtschaft im internationalen Wettbewerb zu stärken. Integrierte Umweltschutztechnologien werden wegen ihrer Kosteneffizienz zunehmend an Bedeutung gewinnen. Energiespartechnologien, neue Kraftwerkstechnologien mit hohem Wirkungsgrad sowie die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien spielen künftig - auch vor dem Hintergrund der internationalen Bemühungen zur Begrenzung des Treibhauseffektes - eine Schlüsselrolle. Gelingt es Deutschland, durch entsprechende Maßnahmen eine Führungsrolle in diesen Technologiebereichen zu übernehmen, sind mittel- und langfristig erhebliche positive Beschäftigungseffekte zu erwarten."
Bedeutung des Umweltschutzes für den Arbeitsmarkt
Aktuellen Untersuchungen zufolge waren im Jahr 1994 rund 956.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt vom Umweltschutz abhängig. Dies sind rund 2,7 Prozent aller Erwerbstätigen. Auf die Produktion von Umweltschutzgütern entfallen hiervon 448.000 Arbeitsplätze. 508.000 Personen waren mit unmittelbaren Umweltschutzaufgaben betraut, z. B. in der Abwasser- und Abfallbeseitigung rund 70.000 Personen. Der Dienstleistungssektor hat die höchsten beschäftigungspolitischen Gewinne durch den Umweltschutz zu verzeichnen.
Wachsende Umweltschutzmärkte
In Deutschland gibt es heute mindestens 5.000 Anbieter von Umweltschutztechnik, Umweltschutzdienstleistungen und umweltfreundlichen Produkten, davon allein 2.000 in den neuen Ländern. Dabei handelt es sich überwiegend um mittelständische Unternehmen. Der Exportanteil dieser Unternehmen liegt allgemein bisher unter den für das Verarbeitende Gewerbe Deutschlands typischen hohen Exportquoten. Da der Weltmarkt für Umweltschutzgüter nach allen vorliegenden Schätzungen ein überdurchschnittlich wachsender Markt ist, eröffnen sich hier relativ kurzfristig Beschäftigungsmöglichkeiten.
Insbesondere in den neuen Ländern gibt es noch ein großes unausgeschöpftes Potential für die Umweltschutztechnik. Nach einer Studie des Münchner ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung im Auftrag des Umweltbundesamtes erzielten die ostdeutschen Anbieter von Umweltschutzgütern und -dienstleistungen 1995 einen Gesamtumsatz von rund sechs Milliarden DM. Allerdings entfielen nur 7,6 Prozent davon auf den Export. Hier liegen noch große Entwicklungsmöglichkeiten. Besondere Exportchancen haben die ostdeutschen Unternehmen durch die geographische Nähe und die gewachsenen Geschäftsbeziehungen in den Ländern Mittel- und Osteuropas. Die Wettbewerbsvorteile der ostdeutschen Unternehmen sind die hohe Qualifikation der Arbeitskräfte, die vorhandene wissenschaftlich-technische Infrastruktur sowie der starke Dienstleistungssektor. Gerade das Angebot ostdeutscher Dienstleister stärkt die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auf dem Umweltschutzmarkt. Es ist eine sinnvolle Ergänzung der starken internationalen Position Westdeutschlands beim Welthandel mit Umweltschutzgütern.
Prof. Dr. Andreas Troge: "Wenn es gelingt, die auf den globalen Umweltschutzmärkten vorhandenen Exportchancen zu nutzen, kann die deutsche Umwelttechnikindustrie ihre Stellung als Exportweltmeister zurückerobern. Mit der Gründung des Internationalen Transferzentrums für Umwelttechnik in Leipzig wurde gerade für die kleinen und mittleren Umwelttechnikanbieter eine Anlaufstelle geschaffen, die ihnen den Weg auf die Auslandsmärkte erleichtern soll."
Umweltschutz - kein Investitionshemmnis
Hohe Umweltstandards stellen kein Investitionshemmnis dar. Zu diesem Ergebnis kam eine aktuelle Studie der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland. Die befragten US-amerikanischen Führungskräfte kritisierten vielmehr die hohen Personalkosten (93 Prozent), das strenge Arbeitsrecht (67 Prozent), das hohe Steuer- und Abgabenniveau (52 Prozent), die Macht der Gewerkschaften (44 Prozent) und die unflexible Bürokratie (38 Prozent). Eine Umfrage bei 470 deutschen Unternehmen im Frühjahr 1996 ermittelte umgekehrt die Investitionsmotive für den Standort Mittel- und Osteuropa. Danach ist die Erschließung neuer Märkte das stärkste Motiv. Erst an zwölfter Stelle werden Umweltauflagen genannt. Die Erfahrungen in den neuen Ländern haben deutlich gemacht, welchen Stellenwert die Umweltpolitik für den Wirtschaftsstandort Deutschland hat. Die unzureichende Umweltinfrastruktur (z. B. das Fehlen von Kläranlagen) und ungelöste Probleme bei der Sanierung von Altlasten gehörten bis Mitte der 90er Jahre zu den am häufigsten genannten Investitionshemmnissen. Zum gleichen Ergebnis gelangte eine Studie von OECD und Weltbank in Bezug auf Mittel- und Osteuropa.
Die Broschüre "Umweltschutz und Beschäftigung, Brückenschlag für eine lebenswerte Zukunft" ist beim Umweltbundesamt, Zentraler Antwortdienst, Bismarckplatz 1, Postfach 33 00 22, 14191 Berlin oder unter Telefon: 030/ 8903-2226, Fax-Nr. 030/8903-2798 kostenlos erhältlich.