Forschungsreaktor Garching noch nicht genehmigungsreif

01.02.2002
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: 016/02
Thema: Nukleare Sicherheit
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Leitung: Jürgen Trittin
Amtszeit: 27.10.1998 - 22.11.2005
14. Wahlperiode: 27.10.1998 - 22.10.2002
Bayern sagt Nachbesserung des Genehmigungsentwurfes bis zum 1. Mai zu

Bayern sagt Nachbesserung des Genehmigungsentwurfes bis zum 1. Mai zu

Das Bundesumweltministerium sieht die Voraussetzungen zur Erteilung einer Betriebsgenehmigung für den Forschungsreaktor Garching derzeit nicht als erfüllt an. Aufgrund des jetzigen Sachstands kann auch eine Probebetriebsgenehmigung noch nicht erteilt werden, heißt es in einer bundesaufsichtlichen Stellungnahme, die Staatssekretär Rainer Baake heute dem bayerischen Umweltminister Werner Schnappauf erläuterte. Für die Probebetriebsgenehmigung müssen eine Reihe von Defiziten des bayerischen Entwurfs behoben sein. In dem Gespräch verständigten sich Staatssekretär Baake und Umweltminister Werner Schnappauf darauf, dass Bayern die Defizite bis zum 1. Mai abarbeiten wird und der Bundesaufsicht einen nachgebesserten Genehmigungsentwurf vorlegen wird. Staatssekretär Baake sagte sodann eine zügige Prüfung des Entwurfs durch die Bundesaufsicht zu.

Ein Probebetrieb vor Erteilung einer Dauerbetriebsgenehmigung ist erforderlich, da verschiedene sicherheitstechnisch wichtige Daten lediglich theoretisch ermittelt sind und eine erforderliche Bestätigung durch Messungen erst während des Probebetriebes möglich ist.

Für eine Probebetriebsgenehmigung sind allerdings noch eine Reihe von offenen Sicherheitsfragen zu klären.

Die Bundesaufsicht bemängelt klare und eindeutige Regeln im sogenannten Betriebshandbuch für den Fall, dass es in dem Reaktor zu unvorhergesehenen Ereignissen kommt. Wie wichtig solche Regelungen sind, zeigten die jüngsten Vorkommnisse im Atomkraftwerk Philippsburg 2. Des weiteren bedarf es weitergehender Untersuchungen im Hinblick auf die Störfallfestigkeit des Reaktors. Die bayerische Genehmigungsbehörde hat es unterlassen, eine systematische Untersuchung für die zu unterstellenden Störfälle durchzuführen. Neben fehlenden Nachweisen für die Beherrschung nicht auszuschließender Risiken werden im Bescheid Unterlagen zitiert, ohne dass dabei die Fassung oder der Änderungsgegenstand bzw. das Datum angegeben sind. Auch Strahlenschutzaspekte sind nicht ausreichend abgehandelt. Beispielsweise müssen radioaktive Vorbelastungen, hervorgerufen durch Ausscheidungen von Patienten, die mit radioaktivem Jod medizinisch behandelt wurden, in der Gesamtbilanz berücksichtigt werden. Für eine Dauerbetriebsgenehmigung fehlt zusätzlich der Nachweis der Entsorgung der abgebrannten Brennelemente, die genehmigungsrechtliche Behandlung der Risiken des Betriebes mit einem atomwaffenfähigen Brennstoff in internationaler Hinsicht und Erwägungen im Zusammenhang mit den Ereignissen am 11. September in den USA.

Aufgrund ihrer hohen Urananreicherung können die abgebrannten Brennelemente des Forschungsreaktors nicht in ihrer ursprünglichen Form in ein Endlager gebracht werden, sondern bedürfen einer Vorbehandlung (Konditionierung). Dafür gibt es beim Antragsteller und der Genehmigungsbehörde lediglich Denkansätze, aber noch kein Konzept. Es ist jetzt schon abzusehen, dass nach der Zwischenlagerung der Brennelemente erhebliche Finanzmittel für die Entwicklung der Konditionierung dieser hochangereicherten Brennelemente aus bombenfähigen Material vom Freistaat Bayern aufzubringen sind.

Die Bundesaufsicht vermisst ebenfalls eine Abwägung der - besonders in internationaler Hinsicht für das Ansehen der Bundesrepublik bestehenden - Risiken einer Genehmigung des Betriebs mit einem atomwaffenfähigem Brennstoff. Während andere Staaten ihre Forschungsreaktoren umrüsten und neue Forschungsreaktoren mit nicht atomwaffenfähigem Uran betreiben, soll in Deutschland ein neuer Reaktor in Betrieb gehen, der mit atomwaffenfähigem Uran betrieben wird. Dass der Bescheidentwurf diesen Aspekt überhaupt nicht behandelt, sieht die Bundesaufsicht als Ermessensdefizit an. Die Bundesaufsicht erwartet die Berücksichtigung der vorgesehenen Vereinbarung zwischen dem Freistaat Bayern und der Bundesrepublik Deutschland, die die Umrüstung des Reaktors auf niedriger angereicherten Brennstoff in spätestens zehn Jahren vorsieht.

Darüber hinaus bemängelt die Bundesaufsicht, dass die bayerische Genehmigungsbehörde sich bislang in dem Genehmigungsverfahren nicht mit möglichen Konsequenzen aus dem Ereignis vom 11. September 2001 in den USA auseinandergesetzt hat. Die Bundesaufsicht ist der Auffassung, dass Prüfungen und Bewertungen im Hinblick auf diese Ereignisse auch für den FRM-II vor Erteilung der Dauerbetriebsgenehmigung durchgeführt werden müssen.

01.02.2002 | Pressemitteilung 016/02 | Nukleare Sicherheit
https://www.bmuv.de/PM1290
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