Dreiklang "Vermeiden - Verwerten - Beseitigen" bremst Abfallwachstum
Wirtschaft stellt sich auf ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft ein
Kreislaufwirtschaft hat 240.000 Arbeitsplätze geschaffen
Seit einem Jahr ist das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz in Kraft. Damit wurde der Dreiklang "Vermeiden - Verwerten - Beseitigen" auf den gesamten Abfallbereich ausgedehnt. Weitere Elemente des Gesetzes sind der weite Abfallbegriff, der auch sämtliche Abfälle zur Verwertung erfaßt, sowie die stärkere Eigenverantwortlichkeit der Wirtschaft.
Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Mit dem Jahr 1990 wurde in Deutschland die Wende in der Abfallpolitik eingeleitet. Wesentliche Schritte in die Kreislaufwirtschaft waren die 1991 in Kraft getretene Verpackungsverordnung und das 1994 verabschiedete Kreislaufwirtschaftsgesetz. Seit 1990 sind die Abfallzahlen in Deutschland rückläufig. So ist z. B. das Pro-Kopf-Aufkommen für Siedlungsabfälle zur Beseitigung in Baden-Württemberg nach Angaben des Landes von 535kg (1990) auf 237 kg (1996) gesunken. Ein weiterer Rückgang um 24 Prozent konnte bei den Gewerbe- und Baustellenabfällen erzielt werden. Dieser Trend wird von anderen Bundesländern bestätigt. Damit hat das Gesetz die Umorientierung von der "Wegwerfgesell-schaft" zu einer Kreislaufwirtschaft eingeleitet.
Auch durch die abgegebenen Selbstverpflichtungen der Wirtschaft konnte die Abfallverwertung und -vermeidung erheblich gesteigert werden. Obwohl z. B. die 1994 abgegebene Selbstverpflichtung der Wirtschaft zur Verwertung von graphischen Papieren vorsieht, die Verwertungsquote auf 60 Prozent bis zum Jahr 2000 zu steigern, wurde schon im Jahr 1996 eine Quote von über 80 Prozent erreicht.
In der Qualifizierung der Entsorgungsunternehmen sind wir in Deutschland einen erheblichen Schritt weitergekommen. Im letzten Jahr wurden 180 Unternehmen als "Entsorgungs-fachbetriebe" zertifiziert und bei 1700 weiteren steht die Zertifizierung unmittelbar bevor. Mit einem Umsatz von 80 Milliarden DM pro Jahr und 240.000 Arbeitsplätzen ist die deutsche Entsorgungsbranche zu einem wichtigen Wirtschafts- und Arbeitsplatzfaktor geworden. Derzeit vollzieht sich in der Wirtschaft ein Strukturwandel, der verstärkt auf die Vermeidung und Verwertung von Abfällen setzt, durch die Eigenverantwortung qualifizierter Betriebe eine Deregulierung der staatlichen Kontrolle erlaubt und gleichzeitig betriebswirtschaftliche Kosten spart."
1. Abfallmengen weiter rückläufig
Obwohl amtliche Abfallstatistiken für das erste Jahr nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes noch nicht verfügbar sind, ist der Trend schon deutlich erkennbar: die Vermeidung von Abfällen vor allem im Produktionssektor und die Verwertung von Abfällen in praktisch allen Bereichen haben deutliche Zuwächse. Dies wird durch die Klage der Betreiber von Deponien und Müllverbrennungsanlagen bestätigt, die von einem Wegbrechen der bislang von ihnen beseitigten Abfälle sprechen. Der ressourcenschonende Kreislauf von Abfällen zurück in neue Produktionsprozesse läuft an.
Das Kreislaufwirtschaftsgesetz verpflichtet primär Abfallerzeuger aus Gewerbe und Industrie, ihre Abfälle eigenverantwortlich zu verwerten und - soweit sie über eigene Anlagen verfügen - auch zu beseitigen. Die Kommunen sollen von der Last der Entsorgung befreit werden. Die kommunale Daseinsvorsorge gilt daher nur dort, wo die eigenverantwortliche Entsorgung technisch oder wirtschaftlich nicht mehr möglich ist. Private Haushalte müssen ihre Haushaltsabfälle aber nach wie vor der kommunalen Entsorgung überlassen. Zur Umstrukturierung der Entsorgung sagte Bundesumweltministerin Merkel: "Eine moderne Kreislaufwirtschaft kann nur funktionieren, wenn die Abfallerzeuger der Wirtschaft gemäß dem Verursacherprinzip auch die Verantwortung und die Kosten für die Entsorgung ihrer Abfälle tragen. Das Abfallaufkommen ist bei den Kommunen natürlich rückläufig, weil die Abfälle zunehmend der privatwirtschaftlichen Verwertung zugeführt werden. Dies ist politisch auch so gewollt. An diese neue Situation müssen die Kommunen ihre Entsorgungsstrukturen durch eine verbesserte Planung und Abstimmung untereinander anpassen. Wir werden nicht hinnehmen, daß der Ländervollzug durch eine Fülle von Erlassen und Merkblättern bislang versucht, die nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz eigentlich zu verwertenden Abfälle kurzerhand durch Umdeklaration zu "Abfällen zur Beseitigung" der kommunalen Entsorgung zuzuführen. In den letzten Wochen haben wir mit den Ländern ein neues Auslegungspapier erarbeitet, das den Vorrang der umweltverträglichen Verwertung unterstreicht und das voraussichtlich am 3./4. November 1997 von der Umweltministerkonferenz beschlossen wird."
2. Wirtschaft stellt sich auf ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft ein
Wie erfolgreich freiwillige Verpflichtungen der Wirtschaft sein können, belegt die Entwicklung im Altpapierbereich. Die Verwertungsquote lag 1996 schon bei über 80 Prozent. Eine ähnliche Entwicklung werden die Selbstverpflichtungen der Automobilindustrie und der Bauwirtschaft nehmen. Die Automobilindustrie strebt an, die Verwertung von derzeit 75 Prozent auf 85 Prozent in 2002 und 95 Prozent in 2015 zu steigern. Die Bauwirtschaft will die Verwertung ihrer Abfälle bis zum Jahr 2005 um rund 23 Millionen Tonnen pro Jahr steigern.
Durch die bereits im Jahr 1991 in Kraft getretene Verpackungsverordnung ist der jährliche Verpackungsverbrauch in Deutschland von 1991 bis 1996 um mehr als 1,4 Millionen Tonnen zurückgegangen. Allein bei den Verkaufsverpackungen im privaten Bereich und im Kleingewerbe ist eine Verringerung von etwa 7,6 auf 6,7 Millionen Tonnen zu verzeichnen - ein Rückgang von etwa 14 Prozent. Darüber hinaus hat das Duale System in Deutschland in den Jahren 1993 bis 1996 insgesamt fast 20 Millionen Tonnen Verkaufsverpackungen stofflich verwertet und insoweit die kommunale Entsorgung entlastet. Ein Beispiel für die erhöhten Anforderungen an die qualitative Verwertung und Entsorgung ist die dem Bundesrat zur Beratung vorliegende Batterieverordnung. Sie verpflichtet den Handel, von ihm vertriebene Batterien nach Gebrauch vom Verbraucher unentgeltlich zurückzunehmen und den Herstellern zur Verwertung oder Beseitigung zu überlassen. In Deutschland werden jährlich etwa 857 Millionen Batterien und Akkumulatoren in Verkehr gebracht.
Weitere Fortschritte in der Kreislaufwirtschaft werden die Informationstechnikgeräte-Verordnung und die Bioabfall-Verordnung bringen. So wird die IT-Geräte-Verordnung die jährlich in der Bundesrepublik Deutschland anfallenden 360.000 Tonnen Informations- und Kommunikationstechnikgeräte erfassen und einer ordnungsgemäßen Verwertung zuführen. Dies erspart den Kommunen Verwertungskosten von jährlich mehr als 500 Millionen DM. Auch die getrennte Erfassung von Bioabfällen hat sich mittlerweile zu einem wichtigen Bereich der Kreislaufwirtschaft entwickelt. Gegenwärtig werden jährlich 5 - 6 Millionen Tonnen Bioabfälle in etwa 500 Kompostierungsanlagen zu hochwertigem Qualitätskompost verarbeitet. Entsprechend dem hohen Stellenwert der Kompostierung enthält die Bioabfallverordnung Vorgaben für den hygienisch einwandfreien und schadlosen Einsatz der Komposte.
3. Kreislaufwirtschaft hat 240.000 Arbeitsplätze geschaffen
Auch die Entsorgungswirtschaft hat sich auf die Anforderungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes eingestellt. Die Entsorgungsbranche ist mit einem Umsatz von 80 Milliarden DM/Jahr und 240.000 Beschäftigten zu einem wichtigen Wirtschafts- und Arbeitsplatzfaktor geworden.
Mit dem "Entsorgungsfachbetrieb" wurde auf der Grundlage der Entsorgungsfachbetriebeverordnung zum Kreislaufwirtschaftsgesetz ein Qualitätsbegriff geschaffen, der Wettbewerbsfähigkeit mit Deregulierung verbindet und von der Entsorgungsbranche offensiv aufgenommen worden ist.
Im letzten Jahr wurden in Deutschland 180 Entsorgungsfachbetriebe zertifiziert. Bei etwa 1700 Entsorgungsbetrieben steht die Zertifizierung aufgrund eines Überwachungsvertrages unmittelbar bevor. "Ich freue mich, daß die Branche sich dem Qualitätswettbewerb stellt. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz setzt auf Eigenverantwortung der Wirtschaft. Dies gelingt nur, wenn die Umweltverträglichkeit der Verwertung und Beseitigung durch fachkundige und zuverlässige Unternehmen sichergestellt werden kann. Nur auf der Grundlage von Qualität können wir die Abfallwirtschaft langfristig deregulieren," sagte die Ministerin.
Zu der weiteren Entwicklung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sagte Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel abschließend: " Die erste Zwischenbilanz zeigt, daß Wirtschaft und Verbraucher das Prinzip der Kreislaufwirtschaft aufgegriffen haben. Die Umsetzung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes erfordert einen langem Atem. Wir werden nicht nur die Produktverantwortung weiter ausbauen, sondern verstärkt auch Regelungen über die umweltverträgliche Verwertung von Abfällen schaffen um noch bestehende Schlupflöcher für Billigverwertungen Schritt für Schritt zu schließen. Hierdurch geben wir der produzierenden Wirtschaft eine wichtige Orientierungshilfe und setzen der privaten und kommunalen Entsorgung zugleich verläßliche Rahmenbedingungen für Investitionen. Wir sehen uns hier im Schulterschluß mit der EG, die sich in ihrer Abfallstrategie vom 24.02.1997 das Ziel gesetzt hat, die Verwertung von Abfällen europaweit durch Umweltstandards zu regeln. Kreislaufwirtschaft wird auch auf EG-Ebene vorangetrieben. Mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz können wir auf der Grundlagen unserer Erfahrungen nunmehr Motor für diese Entwicklung sein."