Jahresbericht des Umweltbundesamtes bestätigt wirtschaftliche Bedeutung des Umweltschutzes
Umweltschutz ist in Deutschland Antriebskraft für erfolgreiche Innovationen, die sich auch wirtschaftlich und beschäftigungspolitisch auszahlen. Dies belegt der Jahresbericht 1996 des Umweltbundesamtes, den Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel und der Präsident des Umweltbundesamtes Prof. Dr. Andreas Troge heute gemeinsam in Bonn der Öffentlichkeit vorstellen.
Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Die Verknüpfung wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Erfordernisse ist Kern des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung. Um wirtschaftliche und soziale Entwicklung in allen Ländern der Erde zu ermöglichen und auch künftigen Generationen Entfaltungschancen zu bewahren, müssen wir Produktion und Konsum umweltverträglich gestalten. Mit unserer Umweltpolitik, insbesondere mit unserem Klimaschutzprogramm und unserem Konzept der Kreislaufwirtschaft, stellen wir die Weichen für zukunftsfähiges Wirtschaften. Das Gebot zur Verwertung von Reststoffen und Produkten stellt sowohl die Prozeßtechnik als auch das Produktdesign vor neue Herausforderungen. Deutsche Recyclingtechnik stößt im Ausland auf großes Interesse. Bei der Windenergie hat Deutschland mit rund 1800 Megawatt installierter Leistung 1997 die USA von Platz 1 verdrängt. Für unsere Position auf dem Weltmarkt für Umwelttechnik - wir liegen mit 18,3 Prozent Welthandelsanteil an zweiter Stelle nach den USA mit 19 Prozent - sehe ich daher gute Perspektiven.
Entscheidend für die Verbreitung von anspruchsvollen Umwelttechnologien ist die internationale Harmonisierung von Umweltschutzstandards. Die Globalisierung der Märkte und die Ausweitung des Welthandels muß daher mit der Globalisierung hoher Umweltschutzstandards einhergehen. Hierfür setzt sich die Bundesregierung gemeinsam mit der Europäischen Union in internationalen Verhandlungen ein."
Ein Beispiel für die Harmonisierung von Umweltschutzstandards auf europäischer Ebene ist die im September 1996 verabschiedete EG-Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU-Richtlinie). Hierbei geht es darum, durch Regelungen des Genehmigungsverfahrens und der materiellen Genehmigungsvoraussetzungen den Schutz der Umwelt insgesamt sicherzustellen, und zwar durch Vermeidung und Verminderung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden und unter Berücksichtigung von Verlagerungseffekten. National bestehen seit längeren Bestrebungen, ein Umweltgesetzbuch (UGB) zu schaffen. Dessen Ziel ist es, die bislang in verschiedenen Umweltfachgesetzen enthaltenen Vorschriften zusammenzufassen, zu harmonisieren und zu vereinfachen sowie das Umweltrecht weiterzuentwickeln. Die einheitliche Vorhabengenehmigung soll dabei einen Kernbestand bilden. Die IVU-Richtlinie soll deshalb in einem ersten Buch zum UGB umgesetzt werden (S. 39).
Beschäftigungswirkungen des Umweltschutzes stärker als erwartet
Das Jahr 1996 stand für das Umweltbundesamt (UBA) im Zeichen der Verknüpfung von Umweltschutz und Wirtschaft. Zahlreiche Forschungsaktivitäten richteten sich gezielt auf die Untersuchung der wirtschaftlichen Effekte des Umweltschutzes. Besondere Beachtung fand eine im September 1996 veröffentlichte Studie zu den Arbeitsplatzeffekten des Umweltschutzes (S. 42). Danach sind die Beschäftigungswirkungen, die von Umweltschutzmaßnahmen ausgehen, deutlich höher als erwartet.
Den aktuellen Schätzungen zufolge waren 1994 in Deutschland fast eine Million Arbeitsplätze direkt oder indirekt vom Umweltschutz abhängig. Dies sind rund 2,7 Prozent aller Erwerbstätigen. Die für 1994 erfaßten Beschäftigungseffekte durch den Umweltschutz sind dabei als Untergrenze zu verstehen, weil Umweltschutzmaßnahmen sehr eng ausgelegt werden und z. B. Maßnahmen der Wasserversorgung, der Energieeinsparung und des Einsatzes erneuerbarer Energien ausgeklammert blieben.
In den vergangenen Jahren hat sich der Umweltschutz in Deutschland zu einem bedeutenden Wirtschafts- und Standortfaktor entwickelt (S. 43). Allein im Jahre 1993 gaben Wirtschaft und Staat in den alten und neuen Ländern schätzungsweise 60 Milliarden DM für die Abfallbeseitigung, den Gewässerschutz, die Lärmbekämpfung und die Luftreinhaltung aus. Im Bereich Umwelttechnik rechnet die OECD für den Zeitraum 1990 bis 2000 weltweit mit einem Marktwachstum von 320 Mrd. DM (1990) auf 480 Mrd. DM (2000).
Umweltschutz lohnt sich für den Betrieb
Umweltschutz kann Betriebskosten senken. Das "Handbuch Umweltkostenrechnung", eine von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt herausgegebene praktische Hilfe zur systematischen Ermittlung von Umweltschutzmaßnahmen mit Kostensenkungspotentialen, hat sich seit seiner Veröffent-lichung 1996 als "Renner" erwiesen (S. 44). Es stellt eine Ergänzung des ebenfalls von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt herausgegebenen "Handbuchs Umweltcontrolling" dar, das vom Bundesverband der Unternehmensberater zum Fachbuch des Jahres für betriebliches Umweltmanagement gewählt wurde.
Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Mein Ziel ist es, das Augenmerk des Unternehmers auf den Umweltschutz im Betrieb zu richten. Er wird in vielen Fällen feststellen, daß sich Umweltschutz für ihn rechnet. Die Information über betriebliche Einsparpotentiale ist ein Weg, um Eigeninitiative im Umweltschutz zu verbessern und eine möglichst kosteneffiziente Umsetzung umweltpolitischer Ziele sicherzustellen. Ökobilanzen, die im Dialog mit den Betroffenen und im Einklang mit den internationalen Normen erarbeitet werden, geben Hinweise auf ökologische und auch auf ökonomische Optimierungsmöglichkeiten. In diesen Zusammenhang gehört auch das Umwelt-Audit, die von den Unternehmen durchgeführte freiwillige Umweltbetriebsprüfung, an der sich in Deutschland bis heute schon über 800 Unternehmensstandorte freiwillig beteiligen. Das ist europaweit Spitze. Wir prüfen z.Z. Möglichkeiten, Überwachungs- und Berichtspflichten für Teilnehmer am Öko-Audit zu vereinfachen. Der vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf einer Erweiterungsverordnung wendet sich als Angebot an Dienstleistungsunternehmen und öffentliche Verwaltungen, auch in ihren Bereichen dieses Instrument anzuwenden."
Das UBA hat auch auf einem ganz anderen Feld Kostenstrukturen analysiert. So wurden drei Vorhaben mit einem Gesamtvolumen von 765.000 DM zur Kostenentwicklung im Bereich der Entsorgung kommunaler Abfälle und Abwässer vergeben (S. 216). Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden voraussichtlich Ende 1997 bzw. 1998 vorliegen. Schon heute läßt sich aber feststellen, daß anspruchsvolle Umweltanforderungen nur zum Teil für die Gebührensteigerungen der letzten Jahre verantwortlich sind. Überdimensionierte Anlagen, Änderungen in der Methodik der Kostenkalkulation und uneffektive Verwaltungsstrukturen haben wesentlichen Einfluß auf die Kostenentwicklung.
Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Angesichts des großen Investitionsbedarfs, insbesondere im Bereich der Abfall- und Abwasserwirtschaft, müssen die Bemühungen zur Dämpfung des Kosten- und Gebührenanstiegs fortgeführt werden. An den Bund/Länder-Gesprächen über Maßnahmen zur Kostendämpfung wirkt auch das UBA mit. Die uns vorliegenden vorläufigen Ergebnisse der Analyse von Abfallgebühren in Deutschland belegen, daß es offenbar erhebliche Einsparpotentiale gibt. Es kommt wohl auch entscheidend darauf an, wie in den Kommunen gewirtschaftet wird. Wir wollen deshalb durch die Erarbeitung einer Mustergebührenkalkulation die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bei ihrer eigenen Kalkulation unterstützen."
Innovative Umwelttechnik gefördert
Die Annäherung an die Ziele einer dauerhaft umweltgerechten Entwicklung verlangt die konsequente Erprobung und Anwendung zukunftsorientierter, umweltverträglicher Produktionstechniken und Produkte. Auch 1996 wurden die Arbeiten zur Entwicklung und breiten Anwendung solcher Techniken, Verfahren und Produkte gefördert.
Bei der Entwicklung und Anwendung moderner Umweltschutztechnologien stehen vor allem medienübergreifende, integrierte Gesamtlösungen im Vordergrund. Die Maßnahmenvorschläge sind auf eine gesamtheitliche Umweltbetrachtung ausgerichtet, Verlagerungen von einem Umweltmedium in ein anderes sollen möglichst vermieden werden.
Durch Prozeßoptimierung oder -umstellung kann die Entstehung von Schadstoffen vermieden oder zumindest vermindert werden, so daß nachgeschaltete Reinigungsschritte etwa für das Abgas oder Abwasser entfallen oder kleiner dimensioniert werden können. Daraus können sich häufig erhebliche Kostenvorteile ergeben.
Ein Beispiel ist das vom UBA an die Universität Karlsruhe vergebene Forschungsvorhaben zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen in der Eisen- und Stahlindustrie (S. 192). Es wurden 15 prozeßintegrierte Maßnahmen analysiert, mit denen eine Abfallvermeidung durch input- oder verfahrensseitige Maßnahmen oder durch Anwendung neuer Produktionstechniken zu erreichen ist. Danach wird in Zukunft die Kombination verschiedener Verfahren zur Vermeidung und Verwertung von zink- und bleihaltigen Stäuben und Schlämmen an Bedeutung gewinnen.
Beim Investitionsvorhaben "Energieeinsparung, Emissions- und Reststoffminderung durch Kontaktgießen an einer automatischen Formanlage" wurde nachgewiesen, daß durch die Einführung dieses neuen Verfahrens die prozeßabhängigen Schadstofffrachten, wie etwa Staub, Schwermetalle, Schwefeldioxid, Stickstoffoxide, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, organische Stoffe sowie Abfälle und der Energieaufwand um 20 Prozent und mehr gesenkt werden konnten. Bei einer Jahresproduktion von 40.000 Tonnen Sphäroguß konnten die Emissionen des Betriebes, zum Beispiel an Kohlendioxid, um 24.000 Tonnen und an Stickstoffdioxid um ca. 3,4 Tonnen, d.h. jeweils um ca. 38 Prozent gesenkt werden. Diese erhebliche Minderung wurde u.a. aufgrund des Wegfalls des Glühens der Gußprodukte nach Einführung des Kontaktgießens erzielt (S. 191).
Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Der UBA-Jahresbericht bestätigt die wirtschaftliche Bedeutung des Umweltschutzes. Eine intakte Umwelt ist darüber hinaus auch ein wichtiger Standortfaktor. Die aktuelle Situation in Malaysia und Indonesien, wo die Luftverschmutzung durch Brandrodungen solche Ausmaße angenommen hat, daß nicht nur die menschliche Gesundheit gefährdet, sondern auch die Infrastruktur empfindlich gestört wurde, macht dies deutlich. Auch bei uns gab es solche Einschränkungen, weil die Luftverschmutzung in den Wintermonaten Fahrverbote und Produktionseinschränkungen zum Gesundheitsschutz notwendig machte. Die zu diesem Zweck erlassene Wintersmog-Verordnung konnte inzwischen von den meisten Bundesländern durch die konsequente Luftreinhaltepolitik der Bundesregierung abgeschafft werden."