Erste Sitzung der deutsch-tschechischen Umweltkommission in Prag

08.07.1997
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: 58/97 S
Thema: Bilaterale Zusammenarbeit
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Leitung: Angela Merkel
Amtszeit: 17.11.1994 - 27.10.1998
13. Wahlperiode: 17.11.1994 - 27.10.1998
Luftsituation im Erzgebirge deutlich verbessert

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit teilt mit:

Unter Vorsitz des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesumweltministerium, Ulrich Klinkert, und des stellvertretenden tschechischen Umweltministers Vladislav Bizek kommt heute und morgen in Prag die deutsch-tschechische Umweltkommission zu ihrer ersten Sitzung nach Unterzeichnung des bilateralen Umweltabkommens vom 24. Oktober 1996 zusammen. Im Mittelpunkt der Beratungen steht die Zusammenarbeit zur Luftreinhaltung im Erzgebirge sowie die Unterzeichnung des Vertrags für eine umweltfreundliche Wärme- und Stromversorgung in Cheb/Eger.

1. Luftreinhaltung im Erzgebirge deutlich verbessert

Die deutsch-tschechische Umweltkommission wird auf ihrer zweitägigen Sitzung einen Immissions- und Emissionsdatenaustausch beschließen, der in einen Luftreinhaltebericht für das Erzgebirge einfließen soll. Auf dieser Grundlage werden neben den bereits eingeleiteten Maßnahmen weitere Handlungsmöglichkeiten identifiziert, z.B. bei der Sanierung kleiner und mittlerer Anlagen, Ausbau und Effizienzsteigerung von Fernwärmesystemen sowie die Umstellung auf weniger umweltbelastende Energieträger insbesondere bei den Einzelfeuerungen.

Parlamentarischer Staatssekretär Ulrich Klinkert: "Die Luftqualität im Erzgebirge konnte in den letzten Jahren aufgrund der guten deutsch-tschechischen Zusammenarbeit kontinuierlich verbessert werden. Die Tschechischen Energiewerke haben die Schwefeldioxidemissionen von annähernd einer Million Tonnen im Jahr 1991 bis 1996 auf knapp 400.000 Tonnen zurückgeführt. In diesem Jahr werden es nach Sanierung des 800 Megawatt-Kraftwerkes in Tusimice II nur noch 200.000 Tonnen sein. Von den vier großen Kraftwerken in Grenznähe mit einer Leistung von 4.040 Megawatt sind zur Zeit 2.710 Megawatt saniert. Während im Winter 1995/96 noch insgesamt Kraftwerke mit einer Leistungskapazität von 3.600 Megawatt ohne Rauchgasreinigung betrieben wurden, waren es in diesem Winter nur noch 800 Megawatt. Die Geschwindigkeit und Effizienz der Sanierung der tschechischen Braunkohle-Kraftwerke ist in ganz Europa ohne Beispiel - ein Verdienst, auf den die tschechische und deutsche Seite stolz sein kann. Deutschland hat mit umfangreichen Finanzhilfen den Einsatz neuer Techniken Emissionsminderungen erst im großen Umfang ausgelöst. "

Bis 1998 soll die ökologische Sanierung der tschechischen Großkraftwerke abgeschlossen sein. Die tschechischen Energiewerke (CEZ AG) sind hierzu aufgrund gesetzlicher Vorgaben verpflichtet. Zur Erfüllung der anspruchsvollen Emissionsstandards, die teilweise über das EU-Niveau hinausgehen und sich an den Vorgaben der deutschen TA-Luft orientieren, hat Deutschland umfangreiche Finanzierungshilfen geleistet. So wurden für die Nachrüstung des Kraftwerkes Prunerov I und des Kraftwerkes T 700 von Chemopetrol Litvinov mit Rauchgasentschwefelungsanlagen sowie für die Umstellung des Kraftwerkes Tisova auf Wirbelschichtfeuerungstechnologie vom Bundesumweltministerium 45,5 Millionen DM bereitgestellt. Durch diese Projekte vermindern sich die Schwefeldioxidemissionen um insgesamt 100.000 Tonnen pro Jahr.

Die Luftsituation im Erzgebirge hat aufgrund zahlreicher Beschwerden, Initiativen und Proteste der betroffenen Bürger im vergangenen Winter besondere öffentliche Beachtung gefunden. Nach dem Winter 19995/96 waren im Erzgebirge verstärkt Waldschäden aufgetreten. Nach sächsischen Angaben sind ca. 3.000 Hektar Wald abgestorben und 20.000 Hektar zu mehr als 30 Prozent geschädigt. Die Ursachen dafür liegen an einem komplexen Zusammenwirken mehrerer Ursachen. Die Waldböden im Erzgebirge sind durch jahrzehntelange exzessive Belastung durch Schwefeldioxide und andere Schadstoffe aus den Kraftwerken der DDR und der angrenzenden sozialistischen Republiken in dramatischer Weise durch Versauerung vorbelastet und durch Nährstoffarmut streßanfällig. Trotz langfristig rückläufiger Schadstoffemissionen aus den Hauptquellen führte der besonders strenge Winter 1995/96 zu einem vorübergehenden Anstieg dieser Emissionen, die jedoch allein nicht als Ursache für die Waldschäden angesehen werden können. Hinzu kommen Streßfaktoren aufgrund des anhaltenden strengen Frostes und, bei ungewöhnlich häufigen und andauernden Winden aus süd-/südöstlichen Richtungen, verhältnismäßig konzentrierte Emissionen tschechischer Kraftwerke, die auf sächsischer Seite kurzzeitig zu extremen SO2-Belastungen geführt haben.

2. Projekt für umweltfreundliche Wärme- und Stromversorgung in Cheb/Eger

Ulrich Klinkert und Vladislav Bizek werden heute ein völkerrechtliches Abkommen über die gemeinsame Durchführung des Projekts "Umweltfreundliche Wärme- und Stromversorgung in Eger" unterzeichnen. Mit diesem Vorhaben soll die technisch veraltete Energieversorgung in Eger durch die Verwendung neuer Techniken ersetzt werden. Hierzu gehört die Errichtung von vier gasbefeuerten Blockheizkraftwerken sowie die Umstellung veralteter braunkohlebefeuerter Kesselanlagen auf moderne gasbefeuerte Kesselanlagen zur rationellen Energieerzeugung. Das Gesamtinvestitionsvolumen für das Projekt wird derzeit auf rund 17,5 Millionen DM geschätzt. An den deutschen Zuschüssen von ca. 5,4 Millionen DM beteiligt sich das Bundesumweltministerium mit rund 3,5 Millionen DM, das Bayerische Umweltministerium mit rund 900.000 DM und die Deutsche Ausgleichsbank (DtA) mit rund 1 Million DM. Die tschechische Seite wird Eigenmittel in Höhe von etwa 0,7 Million DM einsetzen; die Restfinanzierung erfolgt durch verbilligte Darlehen der DtA. Die mit dem Projekt verbundenen Emissionminderungen werden auf rund 2.400 Tonnen Schwefeldioxid, 83 Tonnen Stickoxid, 148 Tonnen Staub, 122 Tonnen Kohlenmonoxid und 70 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr geschätzt.

Parlamentarischer Staatssekretär Ulrich Klinkert: "Das Projekt in Eger ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Luftsituation im deutsch-tschechischen Grenzgebiet. Die mit dem Vorhaben verbundene Reduzierung der klimarelevanten CO2-Emissionen stellt einen wichtigen Beitrag zur gemeinsamen Umsetzung der Klimarahmenkonvention dar. Diesen Weg müssen wir weiter beschreiten. Noch in der zweiten Jahreshälfte 1997 sollen deshalb weitere Projekte nach dem gleichen Muster mit dem Förderschwerpunkt 'Luftreinhaltung Erzgebirge' verhandelt werden."

3. Sonstiges

Auf der ersten Sitzung der deutsch-tschechischen Umweltkommission werden ferner die Durchführung multilateraler Umweltabkommen, der tschechische EU-Beitritt, die Vorbereitung der vierten Ministerkonferenz "Umwelt für Europa" vom 23. bis 25. Juni 1998 in Arhus/Dänemark sowie der dritten Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention vom 01. bis 12. Dezember 1997 in Kyoto erörtert. Es ist davon auszugehen, daß die Tschechische Republik sich den Forderungen der EU anschließen wird, die Treibhausgasemissionen der Industrieländer um mindestens 7,5 Prozent bis zum Jahre 2005 und 15 Prozent bis zum Jahre 2010 auf dem Stand von 1990 zu reduzieren.

08.07.1997 | Pressemitteilung 58/97 S | Bilaterale Zusammenarbeit
https://www.bmuv.de/PM1181
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