Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel hat den Bundesrat aufgefordert, im Sinne der Sache des Naturschutzes, am morgigen Freitag die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes nicht scheitern zu lassen. "Das politische "Schwarze-Peter-Spiel" geht letztlich zu Lasten der Natur. Die so dringend notwendige Anpassung an das Europäische Recht, das inzwischen längst zu einem Garanten für die Erhaltung des europäischen Naturerbes geworden ist, würde sich weiterhin, auf nicht absehbare Zeit, verzögern," erklärte Bundesumweltministerin Merkel.
Die von verschiedenen Interessengruppen geäußerte Kritik argumentiert vielfach in einer undifferenzierten Weise, die den Blick auf das eigentliche Anliegen der Novelle verstellt. Deshalb wird nachfolgend auf einige Kritikpunkte eingegangen:
Finanzieller Ausgleich für konkrete Nutzungsbeschränkungen
Es wird ignoriert, daß es hierbei um den finanziellen Ausgleich für konkrete Nutzungsbeschränkungen in streng zu schützenden Gebieten - wie Naturschutzgebieten - geht, für die seitens vieler Länder bereits seit langem finanzielle Vergütungen auf freiwilliger Basis gezahlt werden. Im Gesetz soll nun festgelegt werden, daß den Land- und Forstwirten in solchen Fällen ein rechtlicher Anspruch auf angemessenen Ausgleich zusteht, denn schließlich können Leistungen für die Allgemeinheit - und das sind Naturschutzauflagen - dieser Gesellschaftsgruppe nicht allein aufgebürdet werden. Es muß in Erinnerung gerufen werden, daß Land- und Forstwirte immer noch den größten Teil der Fläche Deutschlands bewirtschaften (rund 84%) und nur mit ihnen zusammen, nicht aber gegen sie, ein vernünftiger und wirkungsvoller Naturschutz möglich ist.
Regeln der "guten fachlichen Praxis" Grundlage einer naturverträglichen Land- und Forstwirtschaft
Es ist unzutreffend, daß den Land- und Forstwirten ein Freibrief für jegliche Art von Bodenbewirtschaftung ausgestellt wird, wenn sie nur die Regeln der "guten fachlichen Praxis" anwenden. Zum einen berücksichtigen diese Regeln, die im land- und forstwirtschaftlichen Fachrecht und künftig auch im Bodenschutzgesetz festgelegt sind, sehr wohl auch ökologische Belange (z. B. die Fruchtbarkeit und die Regenerationsfähigkeit von Böden). Zum anderen wird in der maßgeblichen Bestimmung des Gesetzentwurfs ausdrücklich angeordnet, daß die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung nur dann keinen Eingriff in Natur und Landschaft darstellt, wenn dabei die Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege berücksichtigt werden. Daraus können sich durchaus Anforderungen ergeben, die über die gute fachliche Praxis hinausgehen.
Baurecht und Naturschutz besser miteinander verzahnen
Zu Unrecht wird unterstellt, der Naturschutz im Siedlungsbereich werde künftig nicht mehr im Naturschutzgesetz, sondern im Baurecht geregelt. Das Baurecht enthält schon seit vielen Jahrzehnten Regelungen zum Schutz der Natur und die Entscheidung, was und wo gebaut werden darf, ist seit eh und je Sache des Bauplanungsrechts. Die im sogenannten "Baurechtskompromiß" des Investitions-erleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes von 1993 enthaltenen Grundsätze der Vermeidung und des Ausgleichs bleiben auch künftig inhaltlich unverändert. Dies wird nach dem Ergebnis des Vermittlungsverfahrens zur Baurechtsnovelle im Gesetzeswortlaut nochmals ausdrücklich klargestellt werden. Lediglich die bauplanerischen Regelungen zur Verwirklichung dieser Grundsätze sollen im Interesse einer vereinfachten Handhabung der Regelung ins Baurecht verlagert werden. Die Naturschutzbehörden sind - wie nach geltendem Recht - auch künftig zu beteiligen, sie werden also - entgegen anders lautender Behauptungen - nicht zurückgedrängt. Daß der neue "Baurechtskompromiß" darüber hinaus klare Vorteile für den Naturschutz enthalten wird, wird verschwiegen. Künftig kann beispielsweise das gesamte Gemeindegebiet für Ausgleichsmaßnahmen herangezogen und diese durch die Gemeinden refinanziert werden, während diese Möglichkeiten bisher auf den engen Bereich des jeweiligen Bebauungsplans beschränkt waren. Das bedeutet: Mehr und preisgünstigere Flächen als bisher stehen für Naturschutzmaßnahmen, vor allem zur Schaffung von zusammenhängenden Biotopen, zur Verfügung.
Nicht jeder Sport- und Landnutzerverband kann als Naturschutzverband anerkannt werden
Im neuen Gesetz soll lediglich klargestellt werden, daß solche Vereine, die eine "den Naturschutzzielen entsprechende Nutzung" von Natur und Landschaft fördern, anerkannt werden können, das aber auch nur dann, wenn sie sich diesem Zweck nach ihrer Satzung und ihrer praktischen Tätigkeit "ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend" widmen. Insbesondere kommen Vereine in Betracht, die - wie die Wandervereine - die Erholung des Menschen in Natur und Landschaft in einer natur- und landschaftsverträglichen Weise, wie das Gesetz ausdrücklich klarstellt, fördern. Es liegt auf der Hand, daß mit diesen Kriterien die Anerkennung reiner Sportvereine ausgeschlossen ist. Bereits aufgrund der bisherigen Rechtslage sind in Bund und Ländern "Nutzerverbände" anerkannt worden, wie z. B. Jagd- und Sportfischerverbände.
Bedeutung der Verbandsklage
Bisher konnte nicht festgestellt werden, daß die Verbandsklage zur Verbesserung des Naturschutzes insgesamt, also nicht nur in Einzelfällen, erheblich beigetragen hat, obwohl sie in den meisten Bundesländern seit langem eingeführt ist. Dies steht ihnen auch weiterhin frei. Immerhin haben vier Bundesländer, darunter ein von einer rot-grünen Landesregierung geführtes, bisher von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht.
EU-Recht muß umgesetzt werden
Abschließend ist darauf hinzuweisen, daß der Gesetzentwurf der Bundesregierung die längst überfällige Umsetzung des EU-Naturschutzsrechts (insbesondere der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) gewährleistet, das dem Schutz des europäischen Naturerbes dient.