Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit teilt mit:
Die Bundesregierung hat heute ihre Gegenäußerung zu der Stellungnahme des Bundesrates vom 8. November 1996 beschlossen. Die Länderkammer hatte den Regierungsentwurf zur Novellierung des Bundes-Naturschutzgesetzes abgelehnt. Die Bundesregierung hält an ihrer bisherigen Konzeption fest und weist die Kritik des Bundesrates zurück.
Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Die Bundesregierung sieht in dem vorgelegten Gesetzentwurf eine geeignete Grundlage für eine Weiterentwicklung des Naturschutzrechts. Es ist bedauerlich, daß sich der Bundesrat einer konkreten Auseinandersetzung mit dem Regierungsentwurf entzogen hat. Die pauschale Ablehnung ist eine Blockadehaltung ohne echte Alternativen für ein verbessertes Naturschutzrecht. Konkrete Änderungsvorschläge hätten es dagegen ermöglicht, Bedenken der Länder gegen Einzelregelungen bei den anstehenden Beratungen im Deutschen Bundestag zu berücksichtigen. Die Haltung des Bundesrates gefährdet eine zügige Umsetzung EG-rechtlicher Vorgaben. Der Gesetzentwurf des Bundesrates zur Umsetzung der Fauna-, Flora-, Habitat- Richtlinie genügt den europarechtlichen Verpflichtungen nicht, insbesondere fehlen Bestimmungen zur Umsetzung artenschutzrechtlicher Vorgaben. Der Entwurf des Bundesrates unterliegt zudem verfassungsrechtlichen Bedenken und dürfte auch für den praktischen Vollzug wenig geeignet sein."
Die Bundesregierung widerspricht der massiven Kritik des Bundesrates an der vorgesehenen Ausgleichszahlungsregelung zugunsten der Land- und Forstwirtschaft. Die vorgesehene Regelung über Nutzungseinschränkungen bezweckt den Ausgleich wirtschaftlicher Belastungen, die Land- und Forstwirten im Interesse des Naturschutzes, und damit der Allgemeinheit, auferlegt werden. Der Ausgleich stellt damit entgegen der Auffassung des Bundesrates keine Subvention dar. Die Regelung ist notwendig, um die Akzeptanz für Maßnahmen des Naturschutzes bei der ländlichen Bevölkerung zu erhöhen. Ohne die Land- und Forstwirte ist ein effektiver Naturschutz auf der fast zu 84 Prozent land- und forstwirtschaftlich genutzten Fläche auf Dauer nicht möglich.
Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Ausgleichspflichtige Nutzungseinschränkungen kommen in erster Linie in streng zu schützenden Gebieten in Betracht. Das wird bei Kostenschätzungen der Länder, die erheblich höher ausfallen, als von der Bundesregierung prognostiziert, vielfach übersehen. Auf einzelne Länder bezogene Berechnungen beruhen zudem auf sehr unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen und beziehen oft Tatbestände ein, die von der Regelung nicht erfaßt sind. Sie sind darum nicht geeignet, die Prognose der Bundesregierung (ca. 20 Millionen DM jährlich bis ca. 40 Millionen DM jährlich nach etwa zehn Jahren für alle Länder) ernsthaft in Frage zu stellen. Die genannten Kosten sind auch angesichts der angespannten Lage der Länderhaushalte vertretbar."
Die Bundesregierung bekräftigt ihre Auffassung, daß der Gesetzentwurf die Grenzen der durch die Neufassung des Artikels 75 des Grundgesetzes eingeschränkten Rahmenkompetenz beachtet. Der Gesetzentwurf ist insoweit eingehend geprüft worden. Es liegt jedoch keine Umgehung der Rahmenkompetenzen vor, wie in der Stellungnahme des Bundesrates behauptet wird, wenn notwendige Verfahrensregelungen, die nicht auf die Rahmenkompetenz gestützt werden können, aus anderen Gesetzgebungskompetenzen hergeleitet werden.
Die Bundesregierung weist zudem den Vorwurf zurück, daß die bestehende Beteiligung der Naturschutzverbände eingeschränkt werde. Vielmehr ist
- eine Erweiterung bei der Landschaftsplanung
- künftig eine Beteiligung bei Befreiungen von Vorschriften zum Schutz
- von Biosphärenreservaten
- von zum europäischen ökologischen Netz "Natura 2000" gehörenden sonstigen Schutzgebieten
- von gesetzlich geschützten Biotopen sowie
- eine Beteiligung bei öffentlichen Programmen zur Wiederansiedlung verdrängter Arten vorgesehen.
Die Länder können zusätzliche Beteiligungsfälle vorsehen, soweit Bundesrecht dem nicht entgegensteht.
Schließlich trifft auch nicht zu, daß die Umsetzung internationaler Artenschutzvorschriften insgesamt den Ländern aufgebürdet wird, weil im wesentlichen nur die Regelung der Verbote des unmittelbaren Zugriffs auf geschützte Tiere und Pflanzen in der Natur den Ländern überlassen wird. Dies ist eine Folge der durch die Verfassungsreform von 1994 eingeschränkten Rahmenkompetenz des Bundes für Naturschutz.