Grenzüberschreitendes UVP-Verfahren zum geplanten Neubau des ersten Atomkraftwerks in Polen
Polen plant 2033 in die Nutzung der Atomenergie einzusteigen, das heißt das erste Atomkraftwerk (AKW) soll dann in Betrieb genommen werden. Bis 2043 sollen an zwei Standorten insgesamt 6 Blöcke mit einer Gesamtkapazität von 6 bis 9 Gigawatt (GW) entstehen. Die Konkretisierungen hinsichtlich der einzelnen AKW-Bauvorhaben sind einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zu unterziehen, somit ergibt sich eine Möglichkeit für deutsche Behörden, die deutsche Öffentlichkeit und Verbände, beteiligt zu werden.
Mit Schreiben vom 8. Februar 2022 wurde Deutschland (und den anderen benachbarten Staaten) gemäß den Vorgaben der Espoo-Konvention mitgeteilt, dass die zuständige Behörde für den ersten Reaktor mit einer Leistung von 3,750 Megawatt elektrisch (MWe) einen Standort in der Nähe der Kommunen Choczewo oder Gniewino und Krokowa, beide in der Woiwodschaft Pommern, nahe der Ostseeküste sowie der Stadt Gdynia (Gdingen) gelegen, ausgesucht hat. Für die Ausführung der Beteiligungsverfahren sind gem. § 58 des deutschen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) die Bundesländer zuständig. Die vollständigen UVP-Unterlagen sind im UVP-Portal der Länder einsehbar. Ein entsprechender Link befindet sich unten auf dieser Seite.
Das polnische Umweltministerium hat das BMUV in seiner allgemeinen Notifizierungsnote vom 8. Februar 2022 davon in Kenntnis gesetzt, dass Polen ein 2015 begonnenes grenzüberschreitendes Umweltverträglichkeitsverfahren (UVP-Verfahren) zur Standortauswahl, Bau und Betrieb des ersten Atomkraftwerks in Polen fortsetzt.
In den Unterlagen wird darauf Bezug genommen, dass Polen Deutschland am 2. Dezember 2015 über die Einleitung dieses UVP-Verfahrens gemäß Artikel 3 der Espoo Konvention unterrichtet hatte. Deutschland hat sich im Zuge dessen am Verfahren beteiligt. Dabei handelte es sich 2015/2016 um eine damalige Notifizierung im Stadium des sogenannten "Scoping"-Vorberichtes. Dieser Verfahrensschritt diente dazu den Untersuchungsrahmen für den UVP-Bericht festzulegen. Deutschland hatte 2016 Stellung genommen.
Entsprechend den Regelungen des § 58 Abs.5 Satz 1 des UVPG hat das BMUV die zuständigen Landesministerien über das polnische Projekt "Construction and operation of the first Nuclear Power Plant in Poland, with an electric capacity of up to 3,750 MWe, in the area of the communes: Choczewo or Gniewino and Krokowa in the Pomeranian Voivodeship" informiert. Die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern, welches die Federführung übernommen hat, beteiligen sich an dem grenzüberschreitenden UVP-Verfahren.
Entsprechende Stellungnahmen zu den UVP-Unterlagen wurden von den Bundesländern im Dezember 2022 bei der in Polen zuständigen Stelle eingereicht.
Dem Standortauswahlverfahren ging die aktualisierte und präzisierte Ankündigung des Einstiegs in die Atomenergie in der nationalen polnischen Energiestrategie (PEP2040) voraus.
Angesichts ihrer Auffassung, nach der eine solche Energiestrategie vorgreifende, rahmensetzende Wirkungen hat, hatte die damalige Bundesregierung im März 2021 Polen ein Ersuchen um eine grenzüberschreitende strategische Umweltprüfung (SUP) i. R. d. Espoo-Konvention und des Deutsch-Polnischen Abkommens über Umweltprüfungen übermittelt. Eine grenzüberschreitende SUP hatte mit Österreich schon stattgefunden. Im August 2021 lehnte Polen in einem Schreiben Konsultationen ab, da die Energiestrategie (PEP2040), deren Bestandteil das Kernenergieprogramm ist, bereits ein finalisiertes Dokument sei. Im Gespräch von Bundesumwelt- und Verbraucherschutzministerin Lemke am 22. Februar 2022 in Warschau hat die polnische Ministerin Moskwa angeboten, dass bei Bedarf trotz des bereits abgelaufenen SUP-Verfahrens Informationen zur Verfügung gestellt werden können.
Die polnische Regierung hat die Energiestrategie am 2. Februar 2021 verabschiedet und in Kraft gesetzt. Deutschland war nicht notifiziert worden. Zum ersten Kernenergieprogramm 2014 hatte Polen in den Jahren 2010-2013 eine SUP durchgeführt, an der die deutsche Seite von Juli 2011 bis Dezember 2012 an grenzüberschreitenden Konsultationen teilgenommen hat.
Hinweis
Die vorliegende Veröffentlichung von Informationen zu diesem Verfahren erfolgt ohne Anerkennung einer Rechtspflicht.