Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien

Abfallrahmenrichtlinie

Richtlinien | RL 2008/98/EG

Historie und Novellierungen: 

Richtlinie 2008/98/EG vom 19. November 2008

Die "Richtlinie 2008/98/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien", kurz: "Abfallrahmenrichtlinie", ist am 12. Dezember 2008 in Kraft getreten. Die Richtlinie legt einen Rechtsrahmen für den Umgang mit Abfällen in der Europäischen Union (EU) fest. Ziel der Richtlinie ist, die Umwelt, die menschliche Gesundheit und Ressourcen zu schützen. Sie soll die EU dem Ziel einer "Recycling-Gesellschaft" näherbringen, indem mehr Abfälle getrennt erfasst und einer Verwertung zugeführt werden.

Wesentliche Regelungen der Abfallrahmenrichtlinie betreffen unter anderem die Präzisierung und Definition zentraler Rechtsbegriffe des Abfallrechts und die Festlegung einer fünfstufigen Abfallhierarchie ("Vermeidung, Vorbereitung zur Wiederverwendung, Recycling, sonstige Verwertung, zum Beispiel energetische Verwertung, Beseitigung"), welche die bis 2008 geltende dreistufige Rangfolge ("Vermeiden, Verwerten, Beseitigen") ablöste. Weiterhin werden Regelungen zur Bestimmung von Nebenprodukten und zum Ende der Abfalleigenschaft getroffen, die eigenständige Definitionen als "Gegenbegriff" zum Abfallbegriff darstellen. Seit 2008 gibt es auch Anforderungen bezüglich der Abfallvermeidung sowie die Pflicht der Mitgliedstaaten, Abfallvermeidungsprogramme zu erstellen. Ebenso wurden spezifische Recyclingquoten für Siedlungsabfälle (50 Prozent) und Bau- und Abbruchabfälle (70 Prozent) eingeführt. In der Abfallrahmenrichtlinie ist zudem der Grundsatz der Produktverantwortung verankert. Diese kann eine Verpflichtung des Herstellers zur Rücknahme und Beseitigung zurückgegebener Erzeugnisse nach der Verwendung beinhalten. Für gefährliche Abfälle, Altöl und Bioabfall enthält die Abfallrahmenrichtlinie zudem besondere Bestimmungen.

Nationale Umsetzung der Richtlinie 2008/98/EG im Kreislaufwirtschaftsgesetz

In Deutschland wurde die Richtlinie durch das Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz) 2012 in nationales Recht umgesetzt.

Legislativvorschlag zur Änderung der Abfallrahmenrichtlinie vom 2. Dezember 2015

Zum Mai 2018 wurden umfangreiche Änderungen der Abfallrahmenrichtlinie von der EU verabschiedet (Richtlinie (EU) 2018/851). Die Vorgaben der Änderungsrichtlinie waren bis zum 05. Juli 2020 ins deutsche Recht umzusetzen. Die Umsetzung erfolgt im Wesentlichen durch Artikel 1 des "Gesetzes zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union" (Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes). Die neben der Abfallrahmenrichtlinie geänderten Richtlinien wurden teilweise in gesonderten Artikeln des "Gesetzes zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union", teilweise in gesonderten Gesetzgebungs- und Verordnungsverfahren umgesetzt.

Ziel der 2018 novellierten Abfallrahmenrichtlinie ist eine verstärkte Förderung der Kreislaufwirtschaft durch Vermeidungsmaßnahmen und vor allem durch das verstärkte Recycling von Abfällen. Weitere wesentliche Vorgaben der Abfallrahmenrichtlinie sind:

  • Konkretisierung der Anforderungen für das Ende der Abfalleigenschaft,
  • Anhebung und Neuberechnung der Recyclingquoten für bestimmte Abfallarten und weitere Reduzierung der Deponierung von Abfällen,
  • Verschärfung und Ausdehnung von Getrenntsammlungspflichten für Abfälle zur Verwertung/Recycling (insbesondere Bioabfälle und ab 2025 gefährliche Haushaltsabfälle und Textilien),
  • Verschärfung der Vermischungsverbote für gefährliche Abfälle,
  • detailliertere Vorgaben für die Umsetzung der Produktverantwortung und die diesbezüglichen Rücknahmeregime,
  • Verstärkung der Vermeidung von Abfällen (unter anderem von Lebensmittelabfällen) und Konkretisierung der von den Mitgliedstaaten zu ergreifenden Maßnahmen,
  • Ausbau und Spezifizierung der Abfallvermeidungsprogramme und Abfallwirtschaftskonzepte der Mitgliedstaaten,
  • Verzahnung des Abfallrechts mit Vorgaben des Chemikalienrechts (Pflichten der Besitzer bei Beendigung der Abfalleigenschaft, Informationspflichten von Lieferanten SVHC-haltiger Erzeugnisse gegenüber der ECHA).

Kommissionsvorschlag zur Änderung der Abfallrahmenrichtlinie vom 5. Juli 2023

Die Europäische Kommission hat am 5. Juli 2023 einen Vorschlag zur Änderung der Abfallrahmenrichtlinie vorgelegt. Der Vorschlag entspringt dem Auftrag an die Europäische Kommission aus der Revision der Abfallrahmenrichtlinie von 2018, für Lebensmittel- und Textilabfälle weitergehende Maßnahmen zur Abfallvermeidung bzw. zur Stärkung der Vorbereitung zur Wiederverwendung und des Recyclings zu ergänzen. Der Vorschlag wird derzeit auf EU-Ebene verhandelt.

Lebensmittelabfälle

Der Kommissionsvorschlag sieht zur Reduzierung der Lebensmittelabfallmenge die Einführung von Reduktionszielen sowie der Pflicht, geeignete Maßnahmen durchzuführen, vor.

Die Mitgliedstaaten haben sich bereits im Rahmen des internationalen UN-Nachhaltigkeitsziels 12.3 zu einer Reduzierung der Lebensmittelabfallmenge bekannt. Mit der Ernährungsstrategie „Gutes Essen für Deutschland“ verfolgt die Bundesregierung die Ziele der Agenda 2030, z.B. das Nachhaltigkeitsziel 12.3. Bis zum Jahr 2030 möchte die Bundesregierung das Ziel erreichen, die Lebensmittelabfälle in Bezug auf 2015 zu halbieren und die entlang der Produktions- und Lieferkette entstehenden Lebensmittelverluste einschließlich Nachernteverlusten zu verringern. Es ist perspektivisch vorgesehen, in die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie einen Indikator zu Lebensmittelabfällen in Deutschland aufzunehmen.

Der Reduzierungserfolg wird überprüft, indem die Menge an Lebensmittelabfällen jährlich gemessen und an die EU übermittelt wird. Die erste Messung wurde im Sommer 2022 für das Berichtsjahr 2020 eingereicht.

Textilabfälle

In Umsetzung der EU-Textilstrategie sieht der Kommissionsvorschlag die Einführung einer verpflichtenden erweiterten Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility – EPR) bei Textilien vor.

Grundlegendes Prinzip ist hierbei die Produktverantwortung der Hersteller. Danach tragen die Hersteller die abfallwirtschaftliche Verantwortung für ihre Textilprodukte während der gesamten Lebensdauer. Hierzu regelt die Richtlinie auch Anforderungen an die Sammlung und Behandlung von Alttextilien und gibt Mindestanforderungen vor.

Alttextilien sind bereits ab dem 01.01.2025 getrennt vom Restmüll zu sammeln. Dabei muss für private Verbraucherinnen und Verbraucher die Rückgabe der Alttextilien kostenlos sein. Entsprechende Sammelsysteme müssen orientiert an der Bevölkerungsdichte eingerichtet werden.

Aktualisierungsdatum: 05.09.2024

Verwandte Vorschriften

https://www.bmuv.de/GE117

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