Novelle von 2017 des Bundesnaturschutzgesetzes
FAQs
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Wir haben die etablierte und allgemein anerkannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in das Gesetz aufgenommen. Das bedeutet: Mit dem Gesetzentwurf ändert sich an der Rechtslage nichts. Dabei wird insbesondere die langjährige und eingeführte sogenannte Signifikanzrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgegriffen. Danach liegt ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nur vor, wenn die Durchführung eines Vorhabens zu einer signifikanten Erhöhung des allgemeinen Lebensrisikos für Exemplare der betroffenen Art führt.
Es kann nie verhindert werden, dass ein einzelner Vogel in ein Windrad, gegen eine Fensterscheibe, in eine Stromleitung oder ein Fahrzeug fliegt. Das Gericht sagt daher nicht: Der einzelne Käfer steht über dem Projekt. Sondern es darf kein deutlich steigendes Risiko geben, dass Tiere zu Schaden kommen. Diese Einschränkung des Tötungs- und Verletzungsverbotes dient nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Sie soll sicherstellen, dass ein unvermeidbarer Verlust einzelner Tiere durch ein Vorhaben nicht automatisch und immer zu einem Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Verbot führt.
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Nein, die Windkraft wird nicht privilegiert. Die Novelle sieht keinerlei Sonderregelung für die Windkraft vor. Die Gesetzesbegründung stellt lediglich klar, dass die artenschutzrechtliche Ausnahmeregelung auch für Vorhaben privater Träger in Betracht kommt, wenn und soweit die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Die Nennung des Ausbaus der "Erneuerbaren Energien" ist dabei rein exemplarischer Natur. Sie begründet keinen neuen Ausnahmegrund und führt auch nicht zu einer Privilegierung der Windkraft. Für diese gelten die gleichen gesetzlichen Voraussetzungen wie für alle anderen Vorhaben. Eine Energiewende zulasten des Artenschutzes findet daher nicht statt.
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Die bisherigen Regelungen im Meeresnaturschutz, beispielsweise die Anwendung der FFH-Richtlinie oder der Eingriffsregelung, bleiben erhalten. Neu ist die Möglichkeit, weitere gefährdete Arten unter Schutz zu stellen.
Die europäische Fauna-Flora-Habitatrichtlinie (FFH-RL) stellt eine begrenzte Anzahl der in Nord- und Ostsee lebenden marinen Arten unter Schutz, darunter zum Beispiel den Schweinswal, die Kegelrobbe und die Finte. § 57 des Bundesnaturschutzgesetzes in seiner neuen Fassung dient dazu, einen ausreichenden Schutz auch für weitere marine Arten der Nord- und Ostsee zu ermöglichen und somit einen Beitrag zu dem laut europäischer Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) vorgesehenen guten Umweltzustand der Meere zu leisten. Dies folgt aus den zwischen Bund und Ländern abgestimmten Maßnahmen im Zuge der MSRL, die eine solche Unterschutzstellung durch Rechtsverordnungen nach eingehender Prüfung vorsehen.
Außerdem besteht nun durch den neuen Paragraf 56a BNatSchG die Möglichkeit, Kompensationsmaßnahmen zu bevorraten. Ein Vorhabenträger muss bereits jetzt nach geltendem Recht Maßnahmen, die zu erheblichen Beeinträchtigungen der Natur und Landschaft führen, ausgleichen beziehungsweise kompensieren. Dies kann beispielsweise beim Verlegen von Seekabeln relevant sein.
Durch den neuen Paragraf 56a wird es nun möglich, eine zeitliche und personelle Entkoppelung von Eingriff und Kompensation zu schaffen. Die dadurch entstehende Bevorratung führt zu einer Flexibilisierung der Eingriffsregelung. So ermöglicht die Bevorratung die Möglichkeit zur freiwilligen Bevorratung bzw. zum An- und Verkauf von Kompensationsmaßnahmen. Über die Handelbarkeit von Maßnahmen und die Übertragbarkeit der Verantwortung erhalten die Unternehmen eine wirtschaftlich effiziente Möglichkeit der Auslagerung (Outsourcing) an eine vom Bundesamt für Naturschutz anerkannte juristische Person, die berechtigt ist, die Kompensationspflichten zu übernehmen.
Bei Maßnahmen an Land besteht diese Möglichkeit einer Bevorratung bereits jetzt. Um diese Lücke in Anlehnung an bewährtes Landesrecht zu schließen und einen hinreichend konkreten gesetzlichen Rahmen für vorgezogene Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auch in der AWZ zu schaffen wurde der neue Paragraf 56a geschaffen. Dieser ersetzt also keine für Handlungen in der AWZ allgemein erforderlichen Zulassungen und schafft auch kein neues Zulassungserfordernis.
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Höhlen und stillgelegte Stollen sind ein wichtiger und einzigartiger Lebensraum für eine ganze Reihe von Tieren. Zum Beispiel haben sich viele Fledermäuse, Schmetterlinge, Spinnen und Insekten an die speziellen Lebensbedingungen in Höhlen angepasst. Einige von ihnen kommen nur dort vor, andere nutzen Höhlen, weil sie dort optimale Lebensbedingungen zu bestimmten Jahres- oder Tageszeiten finden.
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Die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes erklärt Höhlen und Stollen zu sogenannten "geschützten Biotopen". Das bedeutet, dass es von nun an grundsätzlich verboten ist, sie zu zerstören oder erheblich zu beeinträchtigen. Auf diese Weise wird die Lebensgrundlage der Tierarten geschützt, die für ihren Fortbestand auf Höhlen und Stollen als Lebensraum angewiesen sind.
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Hecken und andere Gehölze sind ein wichtiger Lebensraum für Tiere, beispielsweise für Vögel. Deswegen ist es schon bisher verboten, sie zwischen dem 1. März und dem 30. September abzuschneiden oder auf den Stock zu setzen. Die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes stellt klar, dass zu den verbotenen Handlungen auch das Ausreißen oder komplette Entfernen der Hecke fällt.