Liste der FFH-Gebiete ohne Donauabschnitt unvollständig
Bundesumweltminister Jürgen Trittin wirft der bayerischen Staatsregierung Versäumnisse bei der Umsetzung des europäischen Naturschutzrechts vor. So weigere sich Bayern, derEU-Kommission den letzten frei fließenden Donauabschnitt zwischen Straubing und Vilshofen als Naturschutzgebiet zu melden. Nach der EU-Richtlinie zum Schutz von Flora, Fauna und Habitat (FFH)sind die Bundesländer verpflichtet, der Kommission eine Liste sogenannter "FFH-Gebiete" zu benennen, die aufgrund fachlicher Kriterien als Bestandteile des EU-weiten ökologischen Verbunds"Natura 2000" in Frage kommen.
Bayern hatte Ende letzten Jahres seine abschließende FFH-Gebietsliste dem Bundsumweltministerium zur Stellungnahme übersandt. Der Donauabschnitt zwischen Straubing und Vilshofen tauchtin der Liste nicht auf, obwohl das Gebiet unzweifelhaft von hoher naturschutzfachlicher Bedeutung ist. Trittin sagte, zwischen Straubing und Vilshofen sei der letzte frei fließende Teil desFlusses auf deutschem Gebiet. Daher müsse dieser Abschnitt von Bayern als FFH-Gebiet für das europaweite ökologische Netz Natura 2000 gemeldet werden. Eine solche Meldung seiunabhängig von den weiteren Plänen zum Donauausbau unverzichtbar. "Es ist mir unerklärlich, wie Bayern eine Liste von FFH-Vorschlagsgebieten als vollständig bezeichnen kann, diedieses Gebiet nicht beinhaltet," sagte Trittin heute in Berlin.
Hintergrund für die Nichtmeldung des Gebiets durch den Freistaat Bayern ist der diskutierte Ausbau der Donau in diesem Flussabschnitt. Seit 1996 läuft ein umfangreichesUntersuchungsprogramm zu den technischen und ökologischen Aspekten verschiedener Ausbauvarianten. Die technischen Daten wurden Ende letzten Jahres von der Bundesanstalt für Wasserbauvorgelegt und werden nun durch die Bundesanstalt für Gewässerkunde und das Bundesamt für Naturschutz ökologisch bewertet.
Die Pflicht zur Meldung von FFH-Gebieten für das europaweite ökologische Netz "Natura 2000" basiert auf den rein naturschutzfachlichen Kriterien der FFH-Richtlinie, die im Fall desDonauabschnitts zwischen Straubing und Vilshofen unzweifelhaft erfüllt sind. Bayern stellt sich jedoch auf den Standpunkt, dass über eine FFH-Meldung für dieses Gebiet erst auf derBasis der Untersuchungsergebnisse zum Donauausbau entschieden werden soll. Andernfalls wäre das umfangreiche Untersuchungsprogramm vergeblich durchgeführt worden. Dies widerspricht jedochder Rechtsprechung zur FFH-Richtlinie durch den Europäischen Gerichtshof, der mehrfach betont hat, dass wirtschaftliche oder soziale Gesichtspunkte bei der Auswahl entsprechender Gebiete durchdas jeweilige Bundesland keine Rolle spielen dürfen.
Auch das Argument, das Untersuchungsprogramm wäre bei einer jetzigen Meldung nutzlos gewesen, verkennt den Anspruch der FFH-Richtlinie. Eine Meldung des entsprechenden Donauabschnittsbedeutet nicht, dass ein Ausbau der Donau in diesem Bereich zwingend verboten wäre. Vielmehr nennt die FFH-Richtlinie in dem Artikel 6 Absätze 3 und 4 unter welchen Bedingungen auch solcheProjekte zugelassen werden können, die ein geschütztes Gebiet erheblich beeinträchtigen: es müssen zwingende Gründe des überwiegend öffentlichen Interessesvorliegen und es muss geprüft werden, ob Alternativlösungen vorhanden sind. Falls ein beeinträchtigendes Projekt durchgeführt wird, müssen außerdem alle notwendigenAusgleichsmaßnahmen ergriffen werden, um gegebenenfalls die Kohärenz des ökologischen Netzes Natura 2000 zu sichern. Somit ist eine umfangreiche technische und ökologischeUntersuchung des Donauausbaus gerade angesichts einer Meldung des Donauabschnitts zwischen Straubing und Vilshofen als FFH-Gebiet unverzichtbar.
Trittin: "Für die Auswahl der FFH-Gebiete in Deutschland sind die Bundesländer zuständig. Angesichts der für mich unzweifelhaften bayerischen Verpflichtung, den Donauabschnittzwischen Straubing und Vilshofen in die Liste der zu meldenden FFH-Gebiete aufzunehmen, habe ich den bayerischen Staatsminister für Umwelt, Herrn Minister Schnappauf, darum gebeten, eineentsprechende FFH-Meldung für dieses Gebiet schnellstmöglich nachzuholen. Ansonsten hätte die Bundesregierung erhebliche Schwierigkeiten, gegenüber der EuropäischenKommission die nötige Vollständigkeitserklärung zu der bayerischen Liste abzugeben."