Umweltverbänden zu Gespräch über Atomausstieg
Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Rückführung von deutschem Atommüll aus Frankreich nach Gorleben hat Bundesumweltminister Jürgen Trittin heute Vertreterinnen und Vertreter von Umweltverbänden in Bonn zu einem Gespräch empfangen. "Es war ein offenes und ehrliches Gespräch unter Atomkraftgegnern", sagte Trittin nach dem Treffen, an dem Präsidiumsmitglieder und Fachleute des Dachverbands der deutschen Umweltverbände (DNR) und des Naturschutzbundes NABU teilnahmen. Trittin bedauerte erneut, dass Bürgerinitiativen und weitere Umweltverbände seine Einladung ausgeschlagen hätten. "Gesprächen auszuweichen ist niemals ein Zeichen von Stärke", sagte Trittin. Er halte den kontinuierlichen Dialog mit den Umweltverbänden und Bürgerinitiativen über alle mit dem Atomausstieg verbundenen Fragen für wichtig und notwendig.
Bei dem gut einstündigen Informationsgespräch kamen nicht nur die anstehenden Castor-Transporte, sondern alle Fragen im Zusammenhang mit dem Atomausstieg zur Sprache. Dabei wurden die unterschiedlichen Einschätzungen beider Seiten zum Atomausstieg erneut deutlich. Trittin erläuterte das durch den Atomkonsens abgesicherte Konzept der dezentralen Zwischenlagerung und das Verbot der Transporte zur Wiederaufarbeitung ab 2005. Dadurch werde der "Atommüll-Tourismus" gestoppt und die Zahl der Atommülltransporte auf ein Drittel des bisherigen Umfangs reduziert. Die politisch begründete Vorfestlegung früherer Bundesregierungen auf den Salzstock Gorleben sei aufgehoben und ein transparentes Verfahren zur Suche eines Endlagerstandortes eröffnet worden. Nicht zuletzt sei die Menge des noch anfallenden Atommülls durch die Laufzeitbefristung der Atommeiler begrenzt worden.
Bundesumweltminister Trittin: "Wir haben damit die wesentlichen Bedingungen erfüllt, die Antiatom-Initiativen jahrelang an die Akzeptanz von Castor-Transporten geknüpft haben." Er verwies darauf, dass Deutschland unter allen Umständen zur Rücknahme des in Frankreich lagernden Atommülls verpflichtet sei. "Das ist nicht nur eine Frage des Rechts, sondern auch der Glaubwürdigkeit und der Solidarität mit den französischen Atomkraftgegnern." Der wiederholten Kritik der Verbände an den Restlaufzeiten der Atomkraftwerke hielt Trittin entgegen: "Auch ich würde mir kürzere Laufzeiten wünschen. Aber es geht nicht um Wünschbares, sondern um Machbares, und was wir gemacht haben, ist das weltweit schnellste und ehrgeizigste Atom-Ausstiegsprogramm. Darum beneiden uns Atomkraftgegner überall im Ausland."
Ungeachtet ihrer Differenz betonten der Bundesumweltminister und die Vertreter der Verbände, dass friedliche Proteste gegen Atomtransporte zum selbstverständlichen Recht jedes Bürgers gehören. Beide Seiten riefen Atomkraftgegner auf, ihr Anliegen ausschließlich mit "zivilen Mitteln" zu verfolgen und nicht durch menschengefährdende Anschläge oder gewalttätige Aktionen in Verruf zu bringen. Sie appellieren zugleich an die Polizeiführung, bei der notwendigen Abschirmung des Transportwegs alles zu vermeiden, was zu einer unnötigen Eskalation führen könnte.
Trittin wandte sich nachdrücklich gegen den ebenso unsinnigen wie fadenscheinigen Versuch von CDU und FDP, die Diskussion um das Für und Wider von Castor-Transporten für ihre durchsichtigen politischen Zwecke zu instrumentalisieren, indem sie den Widerstand gegen die Castor-Transporte unter den Pauschal-Verdacht der Gewalttätigkeit stellen.
Bundesumweltminister Trittin zeigte sich offen für die Anregung des DNR, mit den Umweltverbänden und Bürgerinitiativen am "Runden Tisch" regelmäßige Gespräche über alle mit dem Atomausstieg verbundenen Fragen zu führen. Trittin: "Trotz unterschiedlicher aktueller Bewertungen ist es unser gemeinsames Ziel, so schnell wie möglich aus der Atomenergie auszusteigen. Der Atomausstieg ist eine der schwierigsten gesellschaftlichen Aufgaben. Wir werden auch in Zukunft kontrovers über noch notwendige Atomtransporte diskutieren, oder über die Einrichtung dezentraler Zwischenlager und das Auswahlverfahren für ein Endlager. Ich halte einen kontinuierlichen Dialog mit den Vertreterinnen und Vertretern der Umweltverbände und Bürgerinitiativen über alle mit dem Atomausstieg verbundenen Fragen für sehr wichtig."