Zugvögel in Deutschland

Von Ausdauerkünstlern und Wandermuffeln

Zugvögel nennen wir Vögel, die aufgrund des Jahreszeitenwechsels wandern. Bei uns wandern sie mit Beginn der kalten Jahreszeit in wärmere Regionen im Süden, in denen sie überwintern. Die ersten Zugvögel brechen schon im Spätsommer auf und viele Arten jetzt im Herbst. Nach Ende des Winters kehren sie zum Brüten in nördlichere Regionen unserer Erde zurück – wie überall auf der Nordhalbkugel. Auf der Südhalbkugel ist es genau umgekehrt: Dort wandern die Vögel im Südwinter in wärmere Regionen im Norden. Allein zwischen Europa und Afrika pendeln jedes Jahr ungefähr fünf Milliarden Zugvögel zwischen den Jahreszeiten – sieben Mal so viel wie Menschen in Europa leben.

Welche Vögel fliegen weit weg? Welche bleiben in der Nähe?

Im Winter wird die Nahrung für viele Vögel in Deutschland knapp. Daher ziehen sie in den Süden, um nicht zu verhungern. Dabei legen sie unterschiedlich lange Strecken zurück und überwintern an verschiedenen Orten.

Langstreckenzieher

Von den Vögeln bei uns sind beispielsweise Nachtigall, Storch, Mauersegler, Rauch- und Mehlschwalbe echte Ausdauerkünstler. Als Langstreckenzieher fliegen sie besonders weit in den Süden und legen auf dem Weg nach Afrika mehrere tausend Kilometer zurück. Im Frühjahr kommen sie daher später zurück nach Deutschland als viele andere Arten.

Die Weißstörche, die mehr als 10.000 Kilometer zurücklegen, brauchen dafür zwei bis vier Monate. Daher sind sie im Spätsommer/Herbst schon unterwegs. Diese Vielflieger machen sich bereits Ende August auf den Weg nach beispielsweise Tansania oder Südafrika.

Kurzstreckenzieher

Sing- und Misteldrossel, Star, Feldlerche, Kiebitz, Kranich, Bachstelze und Rotschwänze verbringen ihre Winter in Südeuropa beziehungsweise im Mittelmeergebiet. Sie kommen im Frühjahr schneller wieder zurück als die Afrika-Wanderer. Bereits Ende Februar kannst du die ersten von ihnen wieder entdecken. Auch wenn sie beispielsweise nur bis nach Spanien fliegen, legen sie dabei mehrere hundert Kilometer zurück.

Ist der Winter besonders mild beziehungsweise warm, bleiben die Kraniche auch teilweise lange in Deutschland. Wenn sie aber losfliegen, dann sieht das meist sehr eindrucksvoll aus. Sie sammeln sich im Oktober und November an ihren Treffpunkten, um dann in riesigen V-Formationen gemeinsam loszufliegen. In einem Dorf in der Nähe von Stralsund in Mecklenburg-Vorpommern treffen sich manchmal bis zu 70.000 Kraniche zu ihrer gemeinsamen Reise.

Teilzieher

Es gibt auch Vogelarten, die nicht komplett, sondern nur teilweise in den Süden ziehen. Von Rotkehlchen, Amsel, Buchfink, Zaunkönig und Ringeltaube bleiben einige lieber hier, wenn ihre Artgenossen in Richtung Süden aufbrechen.

Der größte Teil der in Deutschland vorkommenden Vögel zählt zu dieser Gruppe. Bei den Buchfinken beispielsweise läuft der Jahreswechsel nicht ohne Trennungsschmerz ab: Die Weibchen ziehen in den Süden, die Männchen hingegen bleiben im kühleren Norden zurück.

Strichvögel

Eine Reihe von Arten der Enten, Meisen und Finken sind keine echten Zugvögel, wandern aber auch im Winter in etwas wärmere Landstriche. Allerdings erst, wenn es das Wetter erforderlich macht. Bei extremer Kälte "streichen" sie von dem schlechten Wetter weg und kehren schneller wieder zurück, wenn es wieder wärmer wird.

Standvögel

Zahlreiche Arten der Meisen, Spechte, Baumläufer und Spatzen fühlen sich zu Hause am wohlsten. Sie ziehen nicht in den Süden und sind im Vergleich zu anderen Vogelarten richtige Wandermuffel, Standvögel eben.

Wie orientieren sich die Vögel auf ihrer Reise?

Darüber rätseln die Menschen seit Jahrhunderten. Die am meisten vertretene Theorie: Zugvögel nutzen das Magnetfeld der Erde als Orientierungspunkt. Die Vögel scheinen einen Magnetsinn zu besitzen, der ihnen als "Auge" dient. Außerdem merken sich viele Vögel die Stellen, an denen sie ihre Nester oder Brutplätze haben. Auch nach dem Flug von einem Kontinent zum anderen, findet die Rauchschwalbe regelmäßig im Frühjahr ihre ursprünglichen Nistplätze wieder. Ein Wunder der Natur!