Bundesumweltministerium fordert Bericht der hessischen Atomaufsicht an
Der Betreiber des Atomkraftwerks Biblis A hat in den vergangenen zwei Jahren offenbar massiv und fortgesetzt gegen die atomrechtliche Meldepflicht verstoßen. Dies ergab eine heute vomBundesumweltministerium veranlasste Nachfrage der hessischen Atomaufsicht bei der Betreibergesellschaft.
Nach dem jetzigen Kenntnisstand hat es in dem AKW wiederholt Probleme beim Hochfahren der Notspeisepumpe gegeben, zum ersten Mal am 3. Januar 2000 und danach mehrfach ab dem 20. August 2001. Die laut Prüfhandbuch vorgesehene Verzugszeit von maximal 10 Sekunden wurde dabei um bis zu 33 Sekunden überschritten; eine Überschreitung, die nur auf den ersten Blick unerheblicherscheint. Tatsächlich ist die einwandfreie Funktion der Notspeisepumpen bei Störfällen von großer Bedeutung. Wenn die Notspeisepumpen im Anforderungsfall zu spät odergar nicht ihre vorgesehene Leistung erbringen, kann es zu einer Überhitzung des Primärkreises und den damit verbundenen Folgen kommen. Immerhin wurde die zulässige Verzugszeit ummehr als 300 Prozent überschritten.
Obwohl diese Probleme der atomrechtlichen Meldepflicht unterliegen, teilte der Betreiber das Vorkommnis vom Januar 2000 erst heute auf eine vom BMU veranlasste Nachfrage mit. Eineförmliche Meldung ist bis zum heutigen Tage unterblieben. Die seit dem 20. August aufgetretenen Probleme wurden erst mit Schreiben vom 22.10.2001 förmlich gemeldet. DasBundesumweltministerium, das von dieser Meldung heute unterrichtet wurde, veranlasste darauf hin Nachfragen beim Betreiber, wodurch auch der Vorfall vom 3. Januar 2000 bekannt wurde.
Das Vorkommnis ist für die Bundesaufsicht Veranlassung, die Meldekultur des Betreibers von Biblis A zu überprüfen. Bundesumweltminister Jürgen Trittin hat der hessischenAtomaufsicht einen Fragenkatalog vorgelegt, den sie bis kommenden Dienstag beantworten soll. Das BMU will wissen, ob es in dem AKW innerhalb der letzten zehn Jahre vergleichbare Vorfällegegeben hat und warum der Betreiber seine Meldepflichten nicht erfüllte. Außerdem fragt das BMU, ob der Gutachter die Überschreitung der Startzeiten kannte und ob er an derPrüfung beteiligt war.